Bericht über das Kriegsandenken
Bericht über das „Kriegsandenken“ von Clara Viebig
Von Sophie Lange
In: Kreis Euskirchen Jahrbuch 1987, Seite 99 bis 104
Clara Viebig, die berühmt-berüchtigte Eifeldichterin, ist wieder im Gespräch. Schien die 1860 in Trier geborene und 1952 in Berlin verstorbene Schriftstellerin jahrzehntelang vergessen, so zeugen mehrere Neuauflagen ihrer Werke von einem neu erwachenden Interesse. Eine Anzahl von Berichten und ein Dokumentarfilm versuchten in letzter Zeit ihr Leben und Werk zu durchleuchten.
Clara Viebig verlebte nur ihre Kinderjahre in der Eifel; spätere Jahre führten sie nach Düsseldorf, Posen und Berlin. Doch immer wieder kam sie zu längeren Aufenthalten in die verschiedenen Regionen der Eifel. Schwärmerisch schreibt sie: „Es gibt prächtigere Landschaften und auch gewiss absolut schönere, aber keine, die reicher an Stimmung wäre.“1
Sie durchwanderte weite Teile der Eifel, studierte Land und Leute und erfuhr manch interessante Lebensgeschichte, die sie zu Papier brachte. So sind viele ihrer Novellen und Romane in der Eifel beheimatet. Bei anderen Werken fungieren das Rheinland sowie der Landstrich Posen und die Stadt Berlin als Kulisse.
Die Eifelgeschichten Clara Viebigs umfassen die ganze Eifel. Bevorzugte Handlungsgebiete sind das Hohe Venn und das Gebiet der Maare. Es gibt aber auch eine Novelle, die in das Kreisgebiet Euskirchen führt, und zwar nach Schmidtheim. Diese Erzählung „Ein Kriegsandenken“ enthält viele typische Stilmerkmale der als Eifeldichterin bekannt gewordenen Schriftstellerin.
Die Novelle beginnt im November des Deutsch-Französischen Krieges im Jahre 1870: „Auf der Höhe gen Schmidtheim zu ist’s selbst im Sommer öde. Nicht Schatten, nicht Bäumerauschen, die Wälder sind zurückgeblieben in geschützteren Strichen, übers kahle Plateau mit seinen hungrigen Ginsterbüschen und dem verbrannten Heidenkraut streicht frei der herbe Eifelwind. Jetzt ist er zum Schwert geworden, zum scharfen Schwert, das die Brust verwundet und das Gesicht zerschneidet. Es ist November. Und es schneit.“2
Clara Viebigs Landschaftsbeschreibungen wurzeln im Selbsterlebten und zeugen von einer tiefen Naturverbundenheit. Mit dichterischer Fabulierkunst schmückt sie manches Stimmungsbild aus. Die Darstellung der Schmidtheimer Gegend, die Clara Viebig sicherlich erforscht hat, pendelt zwischen naturgetreu und fantasiegeboren.
Gerade die Naturbeschreibungen Clara Viebigs ernteten Bewunderung bei den Lesern, auch über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus. Ihre detaillierten Landschaftsbilder fanden Eingang in Lese- und Erdkundebücher. In der Eifel selbst stießen die Darstellungen des rauen Eifelberglandes jedoch auf Kritik.
Im Schreibstil der Schriftstellerin und in dem Inhalt ihrer tragischen Lebenserzählungen liegt es begründet, dass das Düstere und Schwermütige der Eifellandschaft betont wird- und manchmal auch überbetont: „Pah, die arme Eifel! Wölfe und Schnee und armselige Bauern.“3
Nur selten finden wir in ihren Romanen und Novellen die Eifel in leuchtenden Farben: „Rund umher sanfte, schön belaubte Berglehnen, alles verschlang sich zu einem Bild der Anmut und des Friedens.“4 Dieses friedvolle Bild wird bei Clara Viebig jedoch sehr schnell durch ein desolates Geschehen verzerrt.
Clara Viebig war die erste, die die Eifel in die Literatur einbrachte: „Erst der starken Realistin war es vorbehalten, in dem verbrannten Gestein ihrer Heimat den Mutterboden zu erkennen, der gerade diese Kunst wachsen lassen konnte.“5 Durch die Schwarzmalerei wurde die Eifel jedoch als unwirtliches, düsteres Bergland bekannt.
"Die arme Eifel"
Die Eifel hat im Laufe der Jahrhunderte arge Notjahre erlebt. Zahlreiche Hilfeleistungen wurden in den letzten Jahrhunderten organisiert. So konnte manche schlimme Hungersnot zwar gebannt werden, die heute kaum vorstellbare Armut jedoch blieb. Von einer jungen Witwe heißt es: „Diese war ja so verkommen in der großen Armut, halb vertiert im harten Kampf ums tägliche Brot.“6 In der Novelle „Simson und Delila“ verrät ein Mädchen gegen eine Belohnung ihren Liebsten mit der einzigen Begründung: „Ech sen arm.“7
Um 1900 verleugnete mancher Eifeler seine Heimat, keiner wollte zur armen Eifel gehören. Der 1888 gegründete Eifelverein bemühte sich, das Image der Eifel aufzubessern. In diesem Bestreben wirkten die Beschreibungen Clara Viebigs, die die Eifel „als ein garstiges Land wiederkehren lässt, das zu Winterzeiten einen Vergleich mit Sibirien aushalten könnte“8 wie eine boshafte Verhöhnung.
In der Novelle von Schmidtheim gleicht die Schilderung eines Gefangenentransportes 1870 durch die verschneite Eifel einem Kriegsgefangenmarsch durch Russland, wie viele ihn im Zweiten Weltkrieg erlebt haben.
Und doch war die Eifel der geliebteste Teil der vier Heimaten der emanzipierten Schriftstellerin Clara Viebig. In einer Autobiographie schreibt sie: „Tief, tief bis ins Innerste erfüllt die Liebe zur Eifel mich, zäh ist sie mir im Herzen eingewurzelt, wie eine starke Tanne im Eifelforst, fest ist sie, wie der festeste Stein der heimatlichen Felsen.“9
So sorgfältig Clara Viebig das landschaftliche Umfeld beschreibt, so exakt sind auch ihre Menschendarstellungen. Aber auch hier überwiegt das Düstere. In der Novelle „Ein Kriegsandenken“ wird die 18jährige Hann so beschrieben: „Ein sommersprossiges, breitmäuliges Mädchengesicht, dem unordentliche Strähnen von fuchsigem Haar in die Stirn fielen… nie war ein waches, helles Licht in ihren Augen, die wasserblau unter weißlichen Wimpern blödeten. die nackten Füße in Holzklumpen, den Rock kurz, nur bis zur halben Wade, die Arme in Hemdsärmeln fast nackt, und die Brust auch nicht wohl verwahrt.“10
Für Clara Viebig werden Menschen vorwiegend von der sie umgebenden Landschaft geprägt. Natur und Mensch zeigen die gleichen Eigenschaften. So findet sie im Antlitz eines Mönchs im Kloster Mariawald eine Spiegelung des trostlosen Venns: „Die unermessliche Einsamkeit, dieselbe starre Öde, dieselbe ewige Traurigkeit.“11
Die Randgruppen der Gesellschaft und die Ärmsten der Armen sind Clara Viebigs liebste Romanfiguren; mit ihnen fühlt sich die Tochter aus gutem Haus solidarisch. Der geistig zurückgebliebene Mensch ist häufig Hauptperson ihrer schwermütigen Novellen: „Ein fünf- bis sechsjähriger Bube war’s, ein bleicher, mit dickem Kopf und schlotternden Beinen – ein halb blödes Geschöpf, wie es oft in den Eifeldörfern auf der Hausschwelle hockt.“12
Es ist verständlich, dass die Bewohner der von Clara Viebig genannten Orte gegen diese Art der Charakterisierung, die zur ungewollten Karikatur wurde, angingen. Doch auch dieser Protest wurde ihnen zur Last gelegt: „Eine wilde Gärung muss geherrscht haben, die zeigt, wie genau Clara Viebig den Charakter dieser Menschen studiert und erkannt hat.“13
Falsch wäre es jedoch, Clara Viebig zu unterstellen, dass sie ihre geliebte Eifel und ihre Bewohner in Misskredit bringen wollte. Ihre Darstellungsart findet eine Erklärung in der literarischen Richtung des Spätnaturalismus, dem ihre frühen Werke zuzuordnen sind.
Das Vorbild
Clara Viebigs großes Vorbild war der Vorkämpfer des Naturalismus, Emile Zola (1840-1902), der von seiner Zeit meist negative Kritik erhalten hat, da er „als Pessimist nur das Hässliche im Leben sah und mit Vorliebe im Kot wühlte.“14
Ziel des Naturalismus war es, auf die bestehenden Missstände in den unteren Schichten der Bevölkerung aufmerksam zu machen und soziales Mitgefühl zu wecken.
Es gibt manche Parallele in Emile Zolas und Clara Viebigs Werken; die Hoffnungslosigkeit etwa schleicht bei beiden durch die Zeilen. Wenn es bei Zola heißt: „Man hat keine Lust zu leben, wenn man keine Hoffnung hat“,15 so ist bei Clara Viebig zu lesen: „Man soll die Hoffnung nicht aufgeben, solange man lebt – er hatte sie aufgegeben… abgeschafft und abgehofft.“16
Die Frau als „Naturgewalt“17 und als „das Weib“18 ist bei dem Franzosen Zola und bei Clara Viebig wesensverwandt. Das schriftstellerische Schaffen der deutschen Zolaide, wie Viebig genannt wurde, ist jedoch von mehr Menschlichkeit geprägt.
Das Bild, das Clara Viebig von der Frau in der Eifel entwirft, verrät uns heute viel über die damaligen häuslichen Verhältnisse. In der Novelle „Ein Kriegsandenken“ ist die Misere der Frauen deutlich herauszulesen. Da erleben wir Mutter und Tochter, die schwerste körperliche Arbeiten verrichten müssen: „Er hatte sein Weib vor das Kärrchen gespannt, darin sie Holz geholt hatten aus dem Tal des Dahlemer Baches.“19 Mit diesem Sklavenbild wird die Mutter vorgestellt. Das Tagewerk der Tochter besteht darin „den Bauern das Vieh hüten, am Rain tagelang stumm bei den Kühen sitzen oder im Winter Reisig sammeln und auf Botengängen Männerlasten schleppen.“20
Schon in jungen Jahren wurden die Kinder zur Arbeit herangezogen. Bei Clara Viebig heißt es von einem achtjährigen Mädchen „zum Kleinvieh taugte sie schon.“21 Mit vierzehn Jahren wurden die Mädchen als Mägde verdingt oder mussten zu Hause im Stall und auf dem Feld schwer schuften oder aber in Fabriken arbeiten.
Der Wunsch der Mädchen auf dem Lande war es laut Viebig „eines braven Mannes glückliche Frau zu sein.“22 Aber auch als verheiratete Frau war das Leben hart. Das Los der Eifelfrauen war es „auf dem Acker zu arbeiten wie ein Pferd, alle Jahr ein greinendes Kind zu kriegen und noch den Buckel voll Schläge dazu.“23
Für die einfache Frau gab es keine Chance, diesem Dilemma zu entfliehen. Aber auch für die Bessergestellten waren die von der Gesellschaft errichteten Schranken kaum zu überwinden: „Den eigenen Weg zu gehen ist für eine Frau noch zehnmal schwerer als für einen Mann.“24
Clara Viebig scheute sich nicht, auch Themen, die zur damaligen Zeit tabu waren, aufzugreifen. Ein Kritiker schrieb: „Die viel umstrittene Theorie von dem übermächtigen Triebleben des Weibes hat in Clara Viebig eine Verfechterin gefunden.“25
Das Weiberdorf
Ihr Roman „Das Weiberdorf“ erntete wegen seiner schonungslosen Offenheit ebensoviel Bewunderung wie Empörung – und wurde zum meistgelesenen Buch seiner Zeit.
Die Frau zwischen Sehnsucht und Enttäuschung, zwischen Hoffen und Verzagen, zwischen Trieb und Trott ist Gegenstand mancher Eifelgeschichte. Clara Viebig, die als „eine warmherzige, blutvolle, liebende, verstehende, verzeihende Frau“ 26 charakterisiert wurde, lebt und leidet mit ihren weiblichen Romangestalten. Die tiefsten Gefühle des Menschen erklärt Clara Viebig wieder mit einer Affinität zur Natur: „Und Liebe atmete die ganze Natur: die Mondnacht, die Einsamkeit, die Tannen, der Wildbach.“ 27 Die Wechselwirkung von Natur und Mensch sieht die Naturalistin so: „Hier in der Einsamkeit wachsen die Leidenschaften ungezügelt, werden riesengroß.“ 28
So erleben wir in den mit viel Enthusiasmus und Einfühlungsvermögen geschriebenen Eifelgeschichten „die Menschen dieser Landschaft voll schroffster Gegensätze, ebenso elementar in der Liebe wie im Hass.“ 29
In der Novelle „Ein Kriegsandenken“ erwacht die halbblöde Hann erst dann aus ihrer Stumpfheit, als die Eltern einen halberfrorenen Soldaten in ihre Lehmhütte schleppen: „Auf dem nackten Estrich hockend gaffte sie mit offenem Mund zu ihm hin, unverwandt, Stunde um Stunde. Ein Fremder, ein Franzos, ein Mann, ein Soldat in ihrer Hütte. Sie brachte den Mund gar nicht mehr zu.“30
Wer Clara Viebigs Erzählweise kennt, weiß bereits an dieser Stelle, um welches „Kriegsandenken“ es sich hier handelt. Hann kann später als Erinnerung an den Deutsch-französischen Krieg und als Andenken an den Franzosen Jean Claude voller Stolz ein kleines „Schang-Kelödchen“ herzeigen.
Das uneheliche Kind ist ein Thema, das Clara Viebig von allen Seiten durchleuchtet. Die Novelle aus Schmidtheim zeigt die Reaktion der Eltern auf den ungewollten Nachwuchs in der sogenannten guten alten Zeit: „Die Prügel des Vaters und das Schimpfen der Mutter taten ihrer Freude keinen Eintrag. Am Ende gewöhnten sich auch die Alten dran und ließen Prügel und Schimpfen sein.“31
Konnte ein schwangeres Mädchen noch rechtzeitig heiraten, war eigentlich alles in Ordnung. Man stellte höchstens erstaunt fest: „Das Kind war schon im Juli geboren, wie konnte das nur zugehen bei einer so frommen Jungfrau?“32 War der Vater jedoch nicht greifbar, wenn „die dumme Person sich mit einem Mannsbild eingelassen hatte“,33 war das Leben der ledigen Mutter verspielt. Nur selten fand sich ein neuer Freier, der sagte: „Macht nix, wer kann für Malör!“34
Die allein stehenden Mütter fürchteten früher nicht nur die Verachtung der Mitmenschen und den Kampf ums Überleben, sondern auch die Strafe Gottes.
Glaube und Aberglaube
Clara Viebig schreibt in einer Skizze über die Eifel: „Der Eifeler ist fromm und steht fest in seinem katholischen Glauben.“35 Die Existenz Gottes findet die Protestantin in der Natur nachweisbar: „Natur ist Gott, und Gott ist Natur.“36 Von der katholischen Kirche wurde die naturalistische Schriftstellerin aus mehreren Gründen abgelehnt, die Eifelgeschichten wurden teilweise bekämpft. Ihre offene Sprache und ihre drastische Darstellung von Missständen, auch innerhalb der Kirche, wurden Clara Viebig übel genommen.
Die Eifeldichterin webt meist den einfältigen Glauben, der dem Aberglauben sehr nahe kommt, in ihre Menschenschicksale ein. Der kindlich-naive Glaube ist in der Novelle aus Schmidtheim mit einer Prise Sarkasmus gewürzt. Die Frau muss mühsam das Kärrchen ziehen und hofft auf Gottes Hilfe: „Das Weib betete auch, hoffte sie doch, dass das Ziehen dann leichter gehen würde. Und es ging auch leichter, von Minute zu Minute steigerte sich die Kälte, der weiche Schnee wurde hart zu Eis und die Last glitt darüber hin.“37
Viebig schildert recht eindrucksvoll. dass der Glaube für den damaligen Menschen der einzige Halt in bedrängten Situationen war und den Alltagskampf erträglich machte. Für sie waren frömmelnde Gläubigkeit und christliches Handeln nicht immer identisch.
Heute wird Clara Viebig von der Kirche toleriert. Kardinal Höffner erklärte Silvester 1984 in einem Interview, dass er in seiner Jugend gerne Clara Viebig gelesen habe. Zu Anfang des Jahrhunderts hätte ein Priester das nicht eingestehen dürfen.
Geschichten und Geschichte
In dem Dokumentarfilm „Die Vergessene“ heißt es, dass es möglich sei, aus Clara Viebigs „Geschichten Geschichte nachzuvollziehen, die nirgendwo anders geschrieben ist.“38
Das ist jedoch nur teilweise der Fall, da die Schilderungen von Land und Leuten, von Geschehnissen und Lebensumständen immer im Romangeschehen eingesponnen sind. Auch Romane mit exaktem Geschichtshintergrund, wie etwa der Roman aus Kalterherberg/Monschau „Das Kreuz im Venn“, sind stets mit dichterischem Beiwerk angereichert.
In der Novelle aus Schmidtheim wird diese Mischung von historischer Genauigkeit und eigenwilliger Auslegung sehr deutlich. Es ist sicher nicht zufällig, dass Clara Viebig die Erzählung aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 nach Schmidtheim verlegt, denn dieser Ort war ein bedeutender Umschlagplatz in jenen Jahren. Fußtransporte französischer Gefangener durch die Eifel über die Höhen von Schmidtheim sind tatsächlich durchgeführt worden. Es stimmt jedoch nicht, wenn Clara Viebig vom November 1870 schreibt: „Aber die Eifel durchquert noch kein Schienenstrang.“39 Die Bahnstrecke war zwar erst ab 1. Juli 1871 von Köln bis Trier freigegeben40, doch schon nach der Kriegserklärung am 19. Juli 1870 wurden deutsche Soldaten per Bahn bis Schmidtheim gebracht, um von hier in Richtung Westen weiterzumarschieren.41
Clara Viebig geht es in ihren Werken nicht um Geschichtstreue, sondern vorrangig um die Darstellung des Menschen in seinem verzweifelten Kampf um ein menschenwürdiges Dasein.
Die heimatverbundene Naturalistin versucht stets, die direkte Rede möglichst im ortsansässigen Dialekt zu führen. In der Novelle aus Schmidtheim gelingt ihr das nicht immer. Als der französische Gefangene erstmals das Eifeler Platt hört, ist er durchaus nicht begeistert: „Das war nicht einmal Deutsch, das klang ja noch abscheulicher.“42
Nicht immer hat die Eifeldichterin Ort und Zeit so genau angegeben wie in der Schmidtheimer Novelle. In der Erzählung „Der Preis“ zum Beispiel heißt es nur: „Es war in dem Jahr, als Butter in Deutschland so rar war wie rote Kirschen um Weihnachten.“43 Zwei junge Dämchen fahren von Köln mit dem Zug in Richtung Eifel. Der Ort, an dem sie aussteigen, um auf Butter-Hamstertour zu gehen, ist nicht genannt, aber sehr genau beschrieben. Die Bahnstation liegt im Tal, weit abseits von dem angestrebten Dorf auf der Höhe. Hier könnte es sich durchaus um die Bahnstation Blankenheim-Wald und den Ort Blankenheimerdorf handeln. Eine Bestätigung für die Theorie gibt es jedoch nicht (auch Kyllburg wäre möglich).
Euskirchen wird von Clara Viebig nur als Bahnstation auf einer Reise von Trier über Gerolstein und Euskirchen nach Köln erwähnt. Die Änderung des Landschaftsbildes beschreibt sie so: „Nach und nach wurde die Landschaft draußen flacher, die pittoresken Formen der Eifelberge verschwanden, die schwermütig nackten Kuppen mit ihrer kahlen Einsamkeit machten sanften Abdachungen, Äckern und Dörfern Platz. Schon tauchten Fabrikschornsteine auf.“44
Quellenangaben:
1 Clara Viebig: Eifelbilder 1927
2 Clara Viebig: Ein Kriegsandenken. In: Naturgewalten, 1903
3 Clara Viebig: Unter dem Freiheitsbaum, Roman 1922
4 Clara Viebig: Die Schuldige, Novelle 1897
5 Richard Wenz: Tausend Jahre rheinische Dichtung, 1925
6 Clara Viebig: Einer Mutter Sohn, Roman 1906
7 Clara Viebig: Simson und Delila, Novelle 1904
8 Keiner wollte in der Eifel wohnen. In: Zwischen Eifel und Ville 4/1955
9 Clara Viebig: Autobiographie in Dichterhandschriften, 1920
10 Clara Viebig: Ein Kriegsandenken, 1903
11 Clara Viebig: Das Kind und das Venn, Novelle 1902
12 Clara Viebig: Der Osterquell, Novelle 1897
13 Richard Maria Werner: Vollendete und Ringende, 1900
14 Keith Bullivant: Naturalistische Prosa und Lyrik. In: Deutsche Literatur, Band 8, 1982
15 Emile Zola: Germinal, 1885
16 Clara Viebig: Die Wasserratte, Novelle 1910
17 Emile Zola: Nana, 1880
18 Clara Viebig: Das Weiberdorf, Roman 1900
19 Clara Viebig: Ein Kriegsandenken, 1903
20 a.a.O.
21 Clara Viebig: Brummelstein, Novelle 1910
22 Clara Viebig: Der Käse, Novelle 1910
23 Clara Viebig: Vom Müller Hannes, Roman 1903
24 Clara Viebig: Rheinlands Töchter, Roman 1897
25 Ludwig Schröder: Meisternovellen 1904
26 Hans Martin Elster: Deutsche Dichterhandschriften, 1920
27 Clara Viebig: Das Kreuz im Venn, Roman 1908
28 Dr. Inge Medinger-Geise: Die Dichtung Viebigs. Eifel Jahrbuch 1967
29 Ludwig Schröder: Meisternovellen, 1904
30 Clara Viebig: Ein Kriegsandenken, 1903
31 a.a.O.
32 Clara Viebig: Das Heiligenhäuschen, Novelle 1914
33 Clara Viebig: Die Hotte, Novelle 1914
34 Clara Viebig: Der Lebensbaum, Novelle 1903
35 Clara Viebig: Eifelbilder, 1927
36 Clara Viebig: Rheinlandstöchter, Roman 1897
37 Clara Viebig: Ein Kriegsandenken, 1903
38 Katharina Schubert: Die Vergessenen, Dokumentarfilm 1986
39 Clara Viebig: Ein Kriegsandenken, 1903
40 100 Jahre Eisenbahn Trier-Gerolstein, Eifel Jahrbuch 1972
41 Schmidtheim, Die schöne Eifel, 1983
42 Clara Viebig: Ein Kriegsandenken, 1903
43 Clara Viebig: Der Preis, Novelle, 1914
44 Clara Viebig: Dilletanten des Lebens, Roman 1896
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