Wie wurde der Ginster zum Eifelgold?
Eine kriminalistische Spurensuche
von Sophie Lange
In: Eifel Jahrbuch 2004
Der Begriff Eifelgold für den blühenden Ginster ist inzwischen zu einem Aushängeschild für die Eifel geworden. Besonders die Touristik bedient sich gerne des Ausdrucks, der im doppelten Sinne des Wortes goldene Berge verspricht. Einen guten Namen hat Eifelgold auch in der Marktwirtschaft erlangt. Hinter dem werbekräftigen Zugpferd verstecken sich Bienenhonig, Fruchtmarmelade, Kräuterlikör, Urgesteinsmehl, ein Blockhaus, ein Wanderclub, ein Reiseunternehmen, eine Hunderasse und vieles mehr.
Doch wie ist der Name Eifelgold entstanden? Wer hat das brillante Wort in die Welt gesetzt? Das wollte ich mit kriminalistischem Gespür herausfinden. Ich muss allerdings gestehen, dass ich in Sachen Verbrecherjagd ein blutiger Laie bin. Aber immerhin schmökere ich mich heimatpflichtbewusst durch alle Eifeler kriminellen Geschichten und mörderischen Romane, die Jahr für Jahr unsere einzigartige Eiflia sacra wie eine Landplage heimsuchen.
Der Tatort
Doch jetzt hieß es, Schluss mit Mord und Totschlag in unserem friedlichen Landstrich, Ärmel hochgekrempelt, in die Hände gespuckt und ran an einen echten Eifelfall, den Fall Eifelgold. Jeder weiß, dass bei der Aufnahme der Spurensuche zuerst der Tatort unter die Lupe genommen werden muss. Doch mein erster Gang zu einem Ginsterhang war eine herbe Enttäuschung. Was ich fand, war borstiges Gestrüpp auf hungrigen Kalkböden. Alles sah trübe und öde aus, grau in grau. Nicht der kleinste Goldschimmer war zu entdecken! Und die langen Ginstergerten schienen auch für nichts Sinnvolles geeignet. Früher, ja früher, da hat man vielleicht die rutenförmigen Triebe zum Decken des Stalldachs gebraucht. Die getrockneten Büsche dienten zum Beheizen der guten Stube und zum Anfeuern des Backofens im Backes. Doch wer hat heute so etwas noch? Auch zum Besenbinden nahm man Ginsterstängel, und mit einem Ginsterbesen fegte jeder vor seiner eigenen Tür, was inzwischen längst aus der Mode gekommen ist. Bekannt ist von anno dazumal das rituelle Schlagen mit Ginstergerten, um die bösen Geister zu vertreiben. Doch die gruseligen Spukgestalten von einst sind inzwischen zu übermächtigen Monstern digitiert, die über Rutenschläge nur verächtlich lachen. So hat der Ginster jeden praktischen Nutzen verloren.
Zeugenbefragung
Da der Tatort mich dem Begriff Eifelgold keinen Schritt näher gebracht hatte, startete ich eine Zeugenbefragung. Eine langwierige Angelegenheit. Die meisten Befragten redeten nur belangloses Zeug, wenn sie überhaupt den Mund aufkriegten. Doch dann kam ein heißer Tipp von einem alten Eifelbauern. "Jetzt im Winter gibt’s kein Eifelgold", erklärte er mir geduldig, "da müssen Sie bis zum Mai warten." Auf so etwas muss man erst mal kommen!
Ich nutzte die lange Winterzeit, um zu erkunden, wie der Ginster den Weg in die Eifel gefunden hatte. Uralte Pflanzenspuren des goldgelben Schmetterlingsblütlers haben die Archäobotaniker anscheinend nicht gefunden, weder vom Deutschen Ginster noch vom Besenginster, die man beim Begriff Eifelgold nicht unterscheidet.
Nur die Sagenwelt weiß vom ersten Ginster. So soll Gottvater höchstpersönlich den Ginstersamen in die Eifel ausgestreut haben. Die Mär erzählt, dass der Schöpfer in einer lauen Maiennacht das Eifelland durchschritt. Alles sah so trostlos aus, dass er Mitleid empfand mit den Bewohnern dieses Landes, "von Natur ungeschlacht, rau von Bergen und Tälern, kalt und mit ungestümem Regen überschüttet" (wie ein Doktor Richwin später die Eifel beschrieb). Kurzentschlossen holte Gott Vater Tausende von goldenen Sternen vom Himmelszelt und streute diese über Berge und Täler, damit sie als Blumenpracht die Menschen erfreuen sollten. Ob er dabei weise vorausblickend bereits an zahlungswillige Touristen dachte, mag dahingestellt sein.
Eine andere Mär berichtet von einem römischen Soldaten, der bei einer Rast in der Nähe von Marmagen Ginstersamen aus Umbrien aus seinen Hosentaschen verlor und so ungewollt der erste Sämann des Eifelginsters wurde. Dann gibt es noch die gefühlvolle Erzählung von der zarten Burgfrau Ginestra, die dem Strauch den Namen verlieh, den Namen Ginster, aber nicht Eifelgold.
Als ich mich im Wonnemonat Mai erneut zum Tatort begab, riss ich den Mund vor Staunen auf und bekam ihn nicht mehr zu. Die triste Grauzone des Winters war übersät mit Tausenden von goldgelben Ginsterblüten, die im gleißenden Sonnenlicht funkelten und glitzerten. Neugierig steckte ich meine Spürnase in die Blütenherzen - nicht besonders angenehm der Duft -, und untersuchte die kleinen länglichen Blätter. Das war also die berühmteste Pflanze der Eifel! Das Eifelgold! Wie in einem Freudenrausch taumelte ich durch die mannshohen Büsche, bis ich die goldene Mitte der Himmelspracht erreicht hatte. Ich konnte mich gar nicht satt sehen.
Doch plötzlich hörte ich jemanden rufen. Ich schaute auf und entdeckte am Wegesrand meinen Eifelbauern vom Winter. Er gestikulierte aufgeregt und winkte mich zu sich heran. Sicher hatte er eine weitere hilfreiche Information für mich und so eilte ich erwartungsvoll quer durch das Ginsterfeld auf ihn zu. Ich wollte ihm zur Begrüßung freundlich die Hand reichen, doch er ließ seine Hände in den Hosentaschen stecken. "Der Ginster ist giftig", sagte er bedächtig, "zwar nicht sehr, aber wenn man dem Strauch zu nahe kommt, kann es einem ganz schön übel werden. Grundsätzlich sollte man nicht überall seine Nase hineinstecken." Ich rieb erschrocken meine Goldfinger an meinem Hosenboden ab und bearbeitete wild meine Nase, die wegen des richtigen Riechers für einen Krimanlisten ja von höchster Wichtigkeit ist. Der Bauer lachte hämisch und ging festen Schrittes weiter. Doch plötzlich drehte er sich noch einmal um - was in Filmen nur die Kommissare machen - und rief mir zu: "Schauen Sie besser mal nach, ob Sie keine Zecken haben. Die gierigen Blutsauger lieben Ginster." Ich erschrak. Wie ein Traumtänzer war ich arglos durch die Eifeler Vampirenhölle gelustwandelt, ohne Böses zu ahnen! Schnellstens machte ich mich auf den Heimweg. Den Eifelginster hatte ich entdeckt und dazu noch eine alte Weisheit erfahren: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Täterprofil
Von dem Ursprung des Namens und dem Täter fehlte indes noch jede kleinste Spur. Wer im schönen Eifelland hatte den Namen Eifelgold kreiert? Wie in einem komplizierten Mordfall musste wohl zuerst einmal herausgefunden werden, welche Personen auf keinen Fall für die Tat in Frage kamen. Nach reiflichem Überlegen fand ich den ersten Auszuschließenden, den Eifelbauern. Für den Landwirt ist ein Ginsterfeld oder eine Ginsterheide alles andere als eine attraktive Goldgrube. Auf so einem ausgelaugten Boden wächst ja kaum etwas Nützliches. Nur die genügsamen Schafe finden Nahrung auf ginsterbewachsener Heide. Doch der Bauernstand darf sich nicht beschweren, denn eigentlich ist er selbst schuld, dass der breitwachsende Strauch sich eifelweit so breit gemacht hat. In der "Geschichte der Grünlandbewirtschaftung in der Eifel" ist nachzulesen, dass die Schiffelwirtschaft, - "bei der mit Plaggenhieb und Bodenbrennen in besonders schlimmer Art Raubbau am Nährstoffhaushalt des Bodens betrieben wurde", - dem Ginster erst Platz und Raum zum Ausufern gab. So haben die Bauern der Touristik den Goldweg geebnet, dabei jedoch ihre eigene Goldader lahmgelegt.
Doch nicht nur der Eifelbauer, sondern auch der Rest der normalen Eifelbewohner wird kaum das Wort Eifelgold geprägt haben, da im Eifeler Dialekt das Wort Ginster stets abwertend gebraucht wird. So bezeichnet man ein minderwertiges Bier als Jensterbier und den Feldhüter nennt man Jensterföerschter, was auch nicht gerade respektvoll klingt. Diese Bezeichnungen sind weit entfernt von Gold und Lebensfreude.
Das Motiv
War der nebulöse Fall Eifelgold ein hoffnungsloser Fall? Meine Gedanken drehten sich im Kreis, bis sie schließlich wieder Fuß fassten. Wenn der ganz normale Eifeler nicht als Erfinder in Frage kam, dann musste es ein nicht ganz normaler Eifeler sein, ein Mensch, der aus dem Rahmen fiel. Da blieben doch nur die freischaffenden Künstler, die Poeten und Maler, die Dichter und Denker. Denen ist ja bekanntlich landwirtschaftliches Nutzdenken total fremd. Im Land der schönen Künste sind goldleuchtende Blütensterne kein Tierfutter sondern ein willkommenes Motiv. Motiv! Das war’s! Die Künstler hatten ein Motiv, ihrem Motiv den Namen Eifelgold zu geben.
Nun begann die Recherche am Schreibtisch. Der bekannteste Eifeler Landschaftsmaler Fritz von Wille (1860 - 1941) pinselte immer wieder Ginster auf seine Eifelgemälde, so schuf er das bekannte Bild Ginsterblüte von Reifferscheid. Doch das Wort Eifelgold erscheint nicht auf seinen Kunstwerken.
Nachtrag:
Gerd J. Nettersheim schreibt im Eifel Jahrbuch 2006 über ein Gemälde „Eifelgold“ von Fritz von Wille. Das Bild wurde vom 27. November 1904 bis zum 2. Januar 1905 in einer Ausstellung in der städtischen Kunsthalle Düsseldorf gezeigt. Der Name der Ausstellung „Eifel-Collection – Fritz von Wille.“ Aus dem Düsseldorfer Generalanzeiger vom 3. Dezember 1904 zitiert Gerd Nettersheim (Seite 27): „Sein bestes unter den ausgestellten 26 Werken ist „Eifelgold“ benannt. Ein ganz einfaches Motiv. Ein Berghang, der fast die ganze große Leinwand ausfüllt und nur auf einem kleinen Ausschnitt einen Ausblick in die Ferne gewährt. Über den Hang aber flutet die goldene Sonne über goldgelbes Wachstum und lässt das frische Grün noch vielfältiger erscheinen…“
An anderer Stelle heißt es in dem Bericht (Seite 29): „Der Erfolg der Ausstellung beruhte gewiss zu einem guten Teil auf dem „Eifelgold“ - Gemälde. Dies kann man bereits daran ablesen, dass in Folge eine regelrechte Nachfrage nach „Bildern mit Eifelgold“, dem goldgelben Ginster, einsetzte, die der Maler zu bedienen wusste. Das Bild wurde wenig später im Jahre 1910 auf der Weltausstellung in Brüssel ausgestellt.
Eine andere sehr bekannte Ginsterdarstellung zeichnete Wilhelm Degode (1862 - 1931). Er nannte es Ginstergold, immerhin schon Gold, aber nicht
Eifelgold. Auch Curtius Schulten (1893 - 1967), belebte ein Landschaftsbild gerne mit Ginsterblüten. Doch Eifelgold glänzt auch hier durch Abwesenheit. Weitere verdächtige Ginstermaler wurden durchleuchtet, doch das Wort Eifelgold fiel dem kriminalistischen Scharfblick nicht ins Auge.
War es vielleicht die schreibende Zunft, die das Wort Eifelgold in die Welt setzte? Neuere Autoren können ausgeschlossen werden, denn sie haben Eifelgold ja nur übernommen, abgekupfert, von wem auch immer.
Hier und da kann man lesen, dass Clara Viebig (1860 - 1952) das Wort Eifelgold geschaffen hat. Doch, wo es geschrieben steht, kann keiner sagen; selbst nicht die Clara-Viebig-Fans, die alle 40 Romane und die zahllosen Eifelbeschreibungen der großen Dichterin - fast - auswendig können. Zu den Frühlingsbildern vom Maler der Eifel schrieb die Dichterin der Eifel im Eifelvereinsblatt vom Juni 1909, dass "der Ginster seinen goldenen Regen ausschüttet". Als Eifelgold hat der Goldregen zu diesem Zeitpunkt noch nicht seinen Segen übers Land gegossen. Außerdem passt so ein poetisches Wort gar nicht zum Stil Clara Viebigs. Sie hat das Eifelland - mit wenigen Ausnahmen - stets düster und bejammernswert beschrieben. Sibirien Deutschlands nannte sie es und zu Sibirien passt kein
Eifelgold - und zu den von ihr beschriebenen Abgründen der menschlichen Naturgewalten erst recht nicht. Clara Viebig kannte vielleicht nicht so gut die Eifel, wie der Name Eifeldichterin vermuten lässt, doch eines wusste sie ganz genau von den Kindern der Eifel zwischen Trier und Köln: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Archivarbeit
Es gibt viele Berichte und Gedichte über den Ginster. Frühere Poeten fanden blumige Ausdrücke für die Eifelpflanze, zum Beispiel strahlende Heimat-Königin, loderndes Freudenfeuer, goldgleißender Flammenrausch und goldglänzende Maienpracht. Doch wer war die erste, der erste, der den treffenden Namen Eifelgold gebrauchte? Alte Eifelbücher, Heimatkalender, uralte Zeitschriften des Eifelvereins müssen von vorne nach hinten und von hinten nach vorne durchstöbert werden. Jahr für Jahr rückwärts. In den 1930er Jahren taucht das Wort Eifelgold in Poesie und Prosa wiederholt auf. Also weiter und immer weiter zurück durch die Eifelannalen. Dann das Jahr 1911. Ich finde einen Bericht über den Ginster in dem Buch Auf heimlichen Steigen von Maria Homscheid (1872 - 1948) - nicht ganz so bekannt wie unsere Clara. Maria Homscheid will in ihrem Stimmungsbild einen Kontrast zu dem düsteren Ernst und der schweren Melancholie der Eifellandschaft schaffen und da bietet sich der blühende Ginster direkt an. Der Titel dieser Betrachtung: Eifelgold. Endlich! Ich schaue noch frühere Jahrgänge durch. Doch das Wort Eifelgold finde ich nicht mehr.
Ist Maria Homscheid wirklich diejenige, die das Wort Eifelgold aus der Taufe hob? Besitzt sie tatsächlich die Urheberrechte? Das Beweismaterial ist recht dürftig und eine kriminalistische Meisterleistung, die eine Goldmedaille verdient, ist diese Aufklärung auch nicht. Aber trotzdem: Fall gelöst, Akte zu.
Nachtrag
Von Herrn Friedhelm Lichtenthäler aus Kaarst (geboren in Herdorf) erhielt ich zu Maria Homscheid (*19.12.1872 Herdorf/Siegerland - +19.09.1948 in Herdorf) folgende ergänzende Mitteilung:
"Maria Homscheid hat durchaus eine besondere Beziehung zum Wort Gold gehabt, die im Internet nicht zu finden sein wird. Ich weiß, dass sie als Mädchen/junge Frau im Siegerland auf Erzgruben gearbeitet hat! Nicht untertage, sondern auf der Halde, wo Kinder/Frauen das Erz mit der Hand vom tauben Gestein trennen mussten. Neben Eisen wurde Kupfer gewonnen und zum sehr kleinen Teil auch Silber und wenig Gold. Eine Wortkreation mit Gold ist für eine Schriftstellerin mit diesem echten Grubenbezug im Siegerland gut erklärlich."
Doch wie das nun mal so ist bei einem Kriminalfall, ein Kommissar kann sich nicht so leicht von einem Thema trennen, selbst wenn der Fall gelöst scheint. Vielleicht hatte ich etwas Wichtiges übersehen? Gab es noch eine andere heiße Spur? Eine Frage beschäftigte mich schon seit Wochen: Wieso hat man nur in der Eifel den Ginster mit Gold verbunden? Ginster wächst ja auch anderswo in rauen Mengen. Theoretisch könnte es ja auch Hunsrückgold oder Sauerlandgold geben! Und dann ein vager Verdacht, eine frische Fährte. Vielleicht hat das Wort Eifelgold ursprünglich gar nichts mit dem Ginster zu tun, sondern mit dem, was es wirklich aussagt, mit dem echten Gold. In der Eifel und besonders im belgischen Venn wurde doch einst das wertvolle Edelmetall gewonnen! Nun ist der kriminalistische Scharfsinn wieder wachgekitzelt.
Internetrecherche
Ich ziehe das Internet zu rate. Eine der gut drei Milliarden Seiten wird doch wohl etwas vom edlen Eifelgold wissen. Und nach vielen Mausklicks von Goldsucher zum Goldwaschen: Ein Volltreffer bei www.eifelecho. Ich erfahre in einem Bericht vom Mai 1998, dass schon die Kelten und Römer in der Eifel pures Gold geschürft haben, das sie zu Waffen, Schmuck und Kultobjekten bearbeiteten. Besonders in den belgischen Bächen des Venns soll man regelrecht in Goldwasser gewatet sein. Mancher Bach- und Flurnamen kann als Hinweise auf frühe Goldfunde herangezogen werden. So gibt es Goldberge, Goldkuhlen, Goldgruben und Goldbäche. Mir fällt der Goldbach bei Golbach/Kall ein und der Goldberg bei Ormont/Prüm. Doch im Flurnamenlexikon werde ich belehrt, dass man auf den glimmerhaltigen Böden des Ormonter Goldbergs nur das sogenannte Katzengold finden kann. So gilt wohl auch für die Flurnamen: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Ferner wissen viele Eifeler Sagen von geheimnisvollen Schätzen, die von Zwergen oder Berggeistern gehütet werden. Warum sollte es sich dabei nicht um echtes Gold handeln? Zusätzlich brennen in der Sagenwelt viele Goldfeuer, die wie ein ganz normales Feuerchen entfacht werden, doch sobald das Feuer erloschen ist, leuchten in der Asche kleine Goldklumpen. Geben diese Sagen einen Hinweis auf das Eifelgold, das im Feuer geläutert wurde? Manche Sagenforscher vermuten das. In den Erzählungen darf beim Bergen dieses unerwarteten Goldschatzes kein einziges Wort gesprochen werden. An dieser Klausel scheitert oft die Schatzbergung. Wenn es um Gold geht, sollte man also nicht nur jedes Wort auf die Goldwaage legen, sondern gleich gänzlich den Mund halten.
Doch zurück aus der Märchenwelt zu den erwiesenen Fakten und den unbewiesenen Hypothesen. Die Goldvorkommen vor 2000 Jahren und mehr werden manchmal als Grund angesehen, dass bestimmte siedlungsfeindliche Landstriche der Eifel während der Kelten- und Römerzeit außergewöhnlich stark bewohnt waren. Was außer Goldvorkommen soll die Menschen hier festgehalten haben? Das raue Klima, der unfruchtbare Boden und die düsteren Wälder versprachen bestimmt keine goldenen Zeiten.
Nach Abzug der Römer gerieten der Goldsegen und dazu das ganze Eifelland in Vergessenheit. Erst nach einem langen Dornröschenschlaf wurde 1880 das Eifelgold wieder entdeckt. Als wachküssender Prinz fungierte der Bergverwalter und geologische Sachverständige J. Jung. In Belgien begann er die Ablagerungen der Bäche - zum Beispiel der Amel und ihrer Nebenflüsse - auf Gold zu verwaschen und bekam 1895 von der Bergbehörde das erste Goldfeld in der Nähe von St. Vith zugewiesen. Er taufte es auf den euphorischen Namen Himmelsfürst. Als J. Jung 1902 starb, hinterließ er 19 weitere erschlossene Goldfelder. Nicht ganz zu verstehen ist es, dass er seinen Nachkommen auch einen großen Berg an Schulden vermachte. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
1910 nahm der Sohn von J. Jung die Goldwäsche wieder auf und entfachte ein regelrechtes Goldfieber. Nicht nur in Belgien sondern auch in anderen Teilen der Eifel und Voreifel - zum Beispiel in Stolberg und Kornelimünster - wurden mit Waschpfannen die kalten Bäche nach Goldspuren abgesucht. Doch durch den Ersten Weltkrieg fand der berauschende Goldrausch ein abruptes Ende.
Während meiner Recherche erfuhr ich dann, dass die Geschichte des echten Eifelgoldes auch für heutige Forscher ihre Anziehungskraft behalten hat. Ebenfalls sind bis heute die Goldwäscher unterwegs. Groß ist der Ertrag allerdings nicht. So musste ein Hobbygoldwäscher mehr als 10 Jahre lang in den eiskalten Eifelbächen Gold waschen, um seiner Frau einen Ring aus echtem Eifelgold schenken zu können.
Noch einmal zurück zu Jung junior. Dieser Goldjunge gründete in Köln eine bergbauliche Kapitalgesellschaft, eine sogenannte Gewerkschaft (nicht gleichbedeutend mit einer heutigen Gewerkschaft). Dieses Unternehmen - das ist sicher mit Brief und Siegel zu belegen - bekam den stolzen Namen Eifelgold. Das war im Jahre 1910 - also ein Jahr vor der Veröffentlichung Eifelgold von Maria Homscheid.
Indizien
Ist also tatsächlich ursprünglich mit Eifelgold das echte Gold gemeint, und der Name wurde dann poetisch auf den Ginster übertragen?
Ein echter Kriminalist zieht natürlich auch Vergleiche. Gab es nicht einen ähnlichen Fall am Rhein? Richtig! Das Rheingold. Auch am Rhein hat man schon seit der Keltenzeit vom Gold gewusst, dem manche in den Rheinsanden heute noch nachjagen, allerdings mit genau so bescheidenem Erfolg wie in der belgischen Eifel. Rheingold, da denkt man nicht nur an Goldwaschen, sondern auch an Nibelungen, Richard Wagner, an Sagen und Legenden, aber auch an den Intercity gleichen Namens.
Wenn Rheingold für echte Goldfunde steht, dann kann auch mit dem Wort Eifelgold echtes Eifelgold gemeint sein. Die Indizien sprechen eindeutig dafür.
Nun muss der Fall Eifelgold wohl endgültig abgeschlossen werden. Die Akte wird energisch zugeknallt, obwohl die Ergebnisse nicht hundertprozentig zufriedenstellend sind. Die Begründer können ja im Jenseits nicht befragt werden. Vielleicht nimmt im Diesseits ein anderer Kriminalist die Fährte einmal auf und findet andere goldrichtige Goldwege. Er muss sich jedoch auf eines einstellen: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.