Matronenstein der Kapelle Vilvenich/Düren


von Sophie Lange

Das winzige Dorf Vilvenich gehört zur Gemeinde Inden und zum Kreis Düren.

Karte von Vilvenich

Vilvenich ist ein alter Siedlungsplatz. In einem Bericht von 1928 heißt es: „Vilvenich, das kleine Dörfchen zwischen Merken und Pier, gehört trotz seiner Unscheinbarkeit zu den alten Siedelstätten der Dürener Lande. Die Lage am Osthange der fruchtschweren Voreifelscholle zwischen Rur und Inde, deren Ostrand der Schlichbach begleitet, bot dieselben Vorteile für die Besiedlung wie sie für die beiden groß gewordenen Nachbarorte bestanden: Auf den westlichen Höhen sehr reichen Hochwald und allerbesten Ackerboden, im Schlichbach gesundes Quellwasser und in der östlich vorgelagerten Rursenke saftige Weiden.“(1) Die Sage erzählt, dass kein Acker zwischen Maas und Rhein so fruchtbar sei, wie das Land zwischen Pier und Merken.

Der Name Vilvenich weist auf römischen und wahrscheinlich auch auf keltischen Ursprung hin, wobei es zunächst nur ein einzelner Siedler an dieser Stelle war und lange auch blieb. So ist in alten Urkunden stets vom Hof und nicht vom Dorf Vilvenich die Rede. Neben dem Hof standen einige kleine Häuser für das Hofgesinde. 1747 gab es neben dem Hof sieben Häuser. Erst um 1900 entstand ein zweiter Hof in Vilvenich. Das Dorf blieb aber weiterhin klein und bescheiden.

Matronenstein in der Kapelle von Vilvenich
Auf einem kleinen Hügel neben dem alten Vilvenicher Hof steht die St. Helenen - Kapelle im schlichten romanischen Stil.

St. Helena-Vilvenich (Foto: Bärbel Mingers)

Der Bau des Gotteshauses wird auf das 10. Jahrhundert angesetzt. Der damalige Hofbesitzer gilt als Stifter. Wahrscheinlich gab es jedoch schon Vorbauten. Auch wird die Meinung vertreten, dass auf dieser exponierten Erhebung bereits eine vorchristliche Kultstätte war. Als Hinweis sieht man einen gallorömischen Matronenstein, der im Mauerwerk der Kapelle eingebaut war: „Die römische Spolie steckte bis Juli 1995 im Mauerwerk der Kapelle von Vilvenich mit der Rückseite nach außen, die von Granatsplittereinschlägen gekennzeichnet ist.“ (2)

Da schon damals sicher war, dass die Kapelle im Zuge des Braunkohleabbaus Tagebau Inden einmal abgerissen werden müsste, machten Heimatfreunde sich Sorgen, dass beim Abbaggern der Matronenstein verloren ging. Als offiziell nichts geschah, wurde der Weihestein heimlich ausgebrochen. Dass es sich aber keinesfalls um Diebe oder Vandalen handelte sondern vielmehr um „gute Geister“, sieht man daran, dass der Weihestein sorgfältig auf einen Strohballen gelegt wurde. Anschließend wurde die Außenstelle des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege in Nideggen – Wollersheim informiert. Dort wurde der Stein dann sicher gelagert.

Matronenstein / Vilvenich Fotos: Bärbel Mingers

Die Vorderseite des Matronensteins trägt eine Inschrift. Die schmalen Seitenwände zeigen Bäume, ein häufiges Attribut der Muttergottheiten. Aus der Inschrift kann man ersehen, dass Sulpicius Sabinus den Stein gestiftet hat. Der Name ist römischer Herkunft und gibt keine weiteren Hinweise auf den Stifter. Dass der Stein den MATRONIS geweiht ist, ist deutlich zu erkennen. Der Matronenbeiname ist jedoch verstümmelt und lässt sich sowohl auf [Al]mavann[i]nehis als auf [Ha]mavann[i]nehis ergänzen. Bei der ersten Deutung sieht man eine Verbindung zu dem Baumnamen alma für Ulme, was auf einen Baumkult schließen lässt. Hinter dem zweiten möglichen Namen kann der Volksname der Chamaver stehen, der sich in der antiken Literatur findet.

Matronenstein aus Altdorf
Ein Votivstein aus Inden – Altdorf trägt einen ähnlichen Beinamen: Matronis Hamavehis. Er zeigt im Relief die typischen drei Matronen sowie auf den Seiten Opferszenen. Gestiftet wurde er von C. Julius Primus Tecilius Quartus „ex imperio ipsarum“ (auf Geheiß der Göttinnen). Zusätzlich trägt er die Dankesfloskel V. S. L. M – Votum solvit libens merito (in Dankbarkeit sein Gelübde erfüllt). (3)

Matronenstein aus Altdorf (Inden/Kreis Düren)

Dieser Weihestein aus Altdorf befand sich lange Zeit in der Sammlung der Grafen von Manderscheid zu Blankenheim. Inzwischen ist er im Stadtgeschichtlichem Museum in Jülich zu sehen.

In der Nähe von Altdorf gab es weitere Funde von Matronensteinen, die unterschiedliche Beinamen dokumentieren. 1999 wurde der Ort Altdorf ausgesiedelt und 2005 abgebaggert.

Es ist davon auszugehen, dass der Matronenweihestein von Vilvenich und der Stein von Altdorf einen Komplex bilden und von ein und derselben Kultstätte stammen – vielleicht am Platz der Vilvenicher Kapelle.

Das Innere der Kapelle Vilvenich
Die schlichte Kapelle von Vilvenich wurde mehrmals umgebaut, renoviert, gesichert und umgestaltet. So wurden Instandsetzungsmaßnahmen in den 1950er Jahren durchgeführt, wegen der starken Durchfeuchtung erneut um 1975 und 1990/91. Im Jahr 2001 heißt es dann: „Die Bausubstanz der gesamten Kapelle ist heute in gutem Zustand, doch die Kapelle befindet sich im Gebiet des Tagebaus Inden und soll diesem in wenigen Jahren zum Opfer fallen.“ (4)
Vom Inneren der Kirche ist ein Kruzifix aus dem 15. Jahrhundert erwähnenswert.

Kruxifix / Vilvenich

Eine Skulptur der heiligen Helena stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die Schutzpatronin der Vilvenicher Kapelle hält in der linken, nach oben gerichteten Hand das Kreuz Christi. Sie trägt ein grünes Kleid mit einem goldenen Gürtel, darüber einen roten Überwurf mit weißem Hermelin. Auf dem offenen Haar thront eine goldene Krone, die aus drei Bügeln besteht. Golden leuchten auch zwei Armreifen.

Die heilige Helena / Vilvenich

Eine gotische Helenafigur aus der Vilvenicher Kapelle – Helena mit Buch – stammt aus dem 12.-13. Jahrhundert und befindet sich inzwischen im Magazin des Bistums Aachen, wie auch einige Leinwandgemälde.

Bei einer Steinplatte aus Blaustein in der Kapelle handelt es sich wahrscheinlich um einen Sarkophagdeckel. Auch ein kleines Weihwasserbecken ist aus Blaustein. Eine Statue der heiligen Anna stammt aus Privatbesitz.

Jetzt – 2006 – steht zwar die altehrwürdige Kapelle noch, doch ist der Abriss in nächster Zeit zu befürchten. Dann sind das Denkmal und der alte Kultplatz für immer verloren.

Der Abriss erfolgte am 23. Juni 2010.

Quellenangaben:
1. Rektor Josef Sommer, Merken: Zur Geschichte des Hofes und der Kapelle von Vilvenich. In: Heimatblätter, Beilage zur Dürener Zeitung, Jg. 5, 1928, Nr. 17
2. Thomas Franke: Ein Matronenheiligtum in Inden - Pier, Kreis Düren.
In: Bonner Jahrbücher 1999, Seite 135
3. Johann Friedrich Schannat: Eiflia Illustrata, Osnabrück 1966, Nachdruck der Ausgabe von
1824, Band I, Abt. I, Seite 559/560
4. Mathias Hahn, Pier: Tag des offenen Denkmals 9. September 2001 in der St. Helena Kapelle in Vilvenich


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