Der Gast aus der andern Welt
Von Clara Viebig
Filmentwurf [©1920]
Geschrieben ca. 1900-1910 
Handschriftliche Veröffentlichung in: Deutsche Dichterhandschriften Clara Viebig. 
Herausgegeben von Dr. Hanns Martin Elster, Dresden o. J. 
Übertragen in heutiger Schrift von Sophie Lange
 
Erste und letzte Seite des handschriftlichen Textes
I. Akt
  1. Bild 
  Das Zuchthaus, kahles  Gebäude! Mauern umgeben den Hof. Schildwache geht auf und ab.
2. Bild 
  Das Innere des  Zuchthauses. Langer Corridor. Zellenthüren rechts und links. Schließer kommt  mit Schlüsseln.
3. Bild
  Zellenthür von außen. 
  Inschrift: Friedrich  Blaske, Raubmord, lebenslänglich. 
4. Bild
  Inneres der Zelle!  Blaske, alter Mann, mit stumpf ergebener Miene, sitzt an einem Tischchen, klebt  Düten. 
5.Bild
  Wärter tritt ein mit  Brot und Suppennapf. Spricht zu Blaske. Dieser versteht nicht, legt die Hand  hinter’s Ohr. Wärter schreit ihm hinein, es scheint ein Witz zu sein. Er lacht.  Blaske nickt nur gleichgültig, fährt mit seiner Arbeit fort. Wärter zuckt die  Achseln, tippt auf die Stirn, geht wieder. 
6. Bild
  Blaske allein.  Arbeitet immerfort, vergißt das Essen. Alle  seine Bewegungen müssen etwas Mechanisches, Maschinenmäßiges haben. 
  Ein Sonnenstrahl fällt  durch das oben angebrachte vergitterte Zellenfensterchen auf seine Hände.  Blaske zuckt zusammen, läßt die Arbeit fallen, sieht nach dem Licht. Er streckt  seine Hände danach, wie um sie zu wärmen. Erwachen von Sehnsucht, Verlangen, Gier  nach Sonnenlicht und Freiheit. Blaske klettert auf den Stuhl, auf den Tisch,  versucht das Gesicht an’s Zellenfenster zu bringen. 
7. Bild 
  Die Zelle ist wieder  ohne Strahl. Blaske sitzt wieder mit gesenktem Kopf, greift mechanisch nach dem  Löffel, schlingt in sich hinein, faßt sich dazwischen an die Brust, hustet. Nimmt  dann seine Arbeit auf wie vorher. Eine Glocke ertönt. 
8. Bild 
  Spaziergang auf dem  Hof. Wärter und Schildwache. Sträflinge gehen paarweise im Hintergrund. Im  Vordergrund Blaske allein. Mit gesenkter Stirn wie ein Thier im Trott, immer  kurze Strecken hin und her. Gefängnisinspektor geht vorüber, Blaske beachtet  ihn nicht. Bleibt erst auf Anruf stramm stehen. Inspektor spricht mit ihm,  klopft ihm auf die Schulter, Blaske trottet weiter. Inspektor spricht mit  Wärter; sie beobachten Blaske, der hustet und Atemnot hat, mit Theilnahme. 
9. Bild 
  Nacht. Blaske in  seiner Zelle auf der Pritsche, Durch die Klappe in der Thür sieht der Wärter,  läßt sie dann wieder zufallen. Blaske schläft. 
10.  Bild 
  Blaske schläft noch  ruhig, die Hände auf der Brust gefaltet. Dann fängt er an, sich zu werfen, wird  unruhig im Schlaf. Angstvoll verzerrtes Gesicht. 
11.  Bild 
  Inschrift: Des  Zuchthäuslers Traum 
12.  Bild 
  Kellerwohnung. Sehr  ärmlich. Aeltere Frau und junges Mädchen am Waschfaß. Waschen emsig. Scheinen  auf jemand zu warten. Blaske als junger Mensch tritt ein. Man merkt seiner  Kleidung das Bestreben nach feinerem Auftreten an. Wirft seine Kopfbedeckung hin,  steht, die Hände in den Hosentaschen und sieht den Fleißigen verdrossen zu. 
  Mutter hebt den Kopf  nach ihm, fragt ihn etwas, da tritt er in ausbrechender Wut nach einem Schemel.  Erschrecken der Frauen. Vergebliche Beschwichtigungsversuche. Er reißt aus der  Rocktasche einen Zettel, hält ihnen den vor die Augen. 
13. Bild 
  Zettel mit Inschrift  : 
  Wegen wiederholten  unentschuldigten Ausbleibens von der Arbeit entlassen!
14.  Bild
  Die Mutter macht Blaske  Vorwürfe. Er wird grob. Er tobt in der Kellerwohnung umher. Nachbarn kommen neugierig  herein. Nehmen Partei für und wider. Es wird Schnaps getrunken, Bräutigam der  Schwester kommt dazu, das junge Mädchen beklagt sich bei ihm, er macht Blaske  Vorwürfe. Streit zwischen Blaske und dem Bräutigam, Blaske wirft ihn zu Boden,  stößt Mutter und Schwester, die sich an ihn hängen, unsanft zur Seite, läuft  fort. 
15.  Bild
  Kalter Wintertag.  Ecke einer Straße im fast kleinstädtischen Berlin Ende der 70er Jahre.  Vermummte Leute gehen vorüber, Herren und Damen in der Tracht der Zeit, und  Handwerker, ein Schusterjunge in Pantinen, der ein  paar Stiefel über der Achsel trägt. Wo  möglich Schneeballwerfen der Kinder. Langsam zockelnde Droschken . Die Hände in  den Hosentaschen steht Blaske frierend. Er sieht heruntergekommen aus. Ein  Bummler gesellt sich zu ihm. Sie sprechen, Blaske erzählt, daß er kein Geld hat,  macht verzweifelte Gebärde. Der andere lacht, nimmt ihn unter den Arm. Sie  gehen. 
Wandeldekoration
  16.  Bild 
  Alte Berliner  Straßen. Blaske und der Freund schlendern Arm in  Arm. (Gedacht sind etwa die alten Straßen zwischen  Alexanderplatz und Frankfurter Allee.) Verschiedene Schaufenster. An einem  Juwelierladen bleiben sie stehen. Der Verführer macht Blaske aufmerksam. 
17.  Bild 
  Das Fenster von  außen. Die Auslage eines bescheidenen Goldarbeiters in einer Nebenstraße. 
18.  Bild 
  Das Innere des  Ladens. Hinterm Ladentisch junge blonde Verkäuferin, die einem Kunden  Verschiedenes vorlegt. 
19.  Bild 
  Blaske noch immer  außen am Fenster. Der Kamerad ist fort gegangen. Verkäuferin und der Kunde  kommen aus dem Laden auf die Straße. Der Kunde zeigt dem Mädchen etwas in der  Auslage. Blaske hat sich zur Seite gedrückt. Beobachtet. Als sie hineingegangen  sind, kommt er wieder ans Fenster, stiert hinein. 
20.  Bild 
  Blaske geht weiter.  In Gedanken. Er rennt jemand an. Eine Kutsche –Kutscher in Pelzen – überfährt  ihn beinah. Kutscher schlägt mit der Peitsche nach ihm, schimpft. Blaske fährt  auf. 
21.  Bild 
  Wieder der alte  Sträfling auf seiner Pritsche in der Zelle, fährt aus dem Traum auf. Wärter  tritt ein, leuchtet ab, geht wieder. 
22.  Bild 
  Blaske kann nicht  schlafen. Sitzt aufrecht, stützt den Kopf. 
23.  Bild 
  Hat endlich Schlaf  gefunden. Aber unruhig, träumt weiter. 
24.  Bild 
  Das Innere des  Juwelierladens. Einige Aehnlichkeiten sind festzustellen, aber das Ganze ist  anders als vorher. Ganz phantastisch. Überfluß an Gold, Silber, Perlen, Edelsteinen.  Eine märchenhafte Schatzkammer. Im Hintergrund die Verkäuferin als  Personifikation des Goldes mit goldenem Mantel, goldenen Haaren, mit goldenen Ketten  behängt. Die Finger beladen mit Ringen. Sie steht unbeweglich wie ein  Götzenbild. 
25.  Bild 
  Blaske (als junger  Mensch) erscheint, geht wie unwiderstehlich angezogen, etwas näher. Er sinkt  nieder, anbetend. Starrt sie an, Gier erwacht, springt auf, strebt mit Gewalt  zu ihr hin, während hinter ihm die ärmlichen Gestalten von Mutter und Schwester  auftauchen, sich bemühen, ihn zurück zu halten. Er reißt sich von ihnen los, stürzt  auf die Gestalt des Goldes zu, die Hände gekrümmt, bereit, sie zu packen. Ehe  er jedoch die Gestalt erreicht, schließt das Bild. 
26.  Bild 
  Schwurgerichtssaal  bei Schluß der Verhandlung. Blaske wird abgeführt. In der Zeugenbank die  verzweifelte Mutter, die die Arme nach dem Sohn ausstreckt, und die zusammen  gebrochene weinende Schwester, neben dem sie stützenden Bräutigam. Blaske’s  letzter Blick trifft Mutter und Schwester. 
27.  Bild 
  Ausgang der  Kellerwohnung von Blake’s Mutter. Ein Sarg wird heraus getragen, hinter dem die  Schwester mit Bräutigam und Nachbarn folgen. (Beide letzte Bilder ganz schnelle  Visionen). 
28.  Bild 
  Das  Erwachen 
  Der alte Blaske fährt  auf in seiner Zelle. So entsetzt vom Traum, daß   er vom Bett aufspringt, sich in eine Ecke drückt, sich fürchtet, dann  gegen die Wand mit dem Kopf rennt, Schreie ausstößt. Der Wärter sieht durch die  Klappe. Noch ein zweiter sieht durch. Wärter betritt dann die Zelle, bringt die  Morgensuppe. Redet Blaske gut zu, zu essen. Blaske stößt die Suppe zurück.  Ringt die Hände. Wärter geht, kommt mit dem Arzt zurück. Diesem gelingt es,  Blaske zu beruhigen. Er will aber nicht zugreifen, nimmt seine Arbeit vor. Erst  hastige Arbeit, - nur von Husten unterbrochen – allmählich wieder die alte  maschinenmäßige Stumpfheit. Wärter und Arzt verlassen ihn. 
29.  Bild 
  Die Zuchthauskapelle.  Morgenandacht. Aufmarsch der Sträflinge zum Gottesdienst. Sie stehen in den  Bänken und singen aus Gesangbüchern. Charakteristische Typen. Setzen sich. In  der vordersten Bank Blaske. Geistlicher liest aus der Bibel vor, hebt sie hoch;  zeigt ihnen das offene Buch. 
30.  Bild 
  Seite der Bibel:
  Wenn unsere Sünde gleich  blutrot ist, 
  soll sie  doch schneeweiß werden. [Jes 1,18]
31.  Bild 
  Blaske starrt. Große  Erschütterung. Springt plötzlich auf, streckt die Arme aus. Alle sehen nach  ihm, Wärter zieht ihn nieder, verweist ihn zur Ruhe. Der Geistliche schließt  die Bibel, breitet zum Segen die Hände aus. Sträflinge marschieren ab in Reih  und Glied, Blaske allein bleibt noch sitzen, das Gesicht auf den Knien. Wärter  will ihn aufjagen, ist ärgerlich. Der Geistliche wird aufmerksam. Winkt dem  Wärter ab. Blaske steht auf, schleicht langsam den Anderen nach. 
32.  Bild 
  Geistlicher kommt  nach durch den langen Corridor, läßt sich vom Wärter Blaske’s Zelle  aufschließen. 
33.  Bild 
  Blaske in der Zelle  bei seinen Düten. Geistlicher legt ihm die Hand auf die Schulter. Spricht lange  zu ihm. Blaske scheint keine Notiz davon zu nehmen, klebt nur weiter, immer  hastiger, bis er plötzlich die Arbeit fallen läßt, vor dem Geistlichen  niederstürzt. Klagt sich an, hebt dann weinend die gefalteten Hände.  Geistlicher nimmt sie tröstend in die seinen. Kniet neben dem Sträfling nieder.  Sie beten. 
II. Akt 
  Der Geistliche hat  sich für Blaske verwendet, da der Inspektor und die Wärter dem alten Sträfling,  der 35 Jahre seiner Strafe bereits abgesessen hat, das beste Führungszeugnis  ausstellen, die Gesundheit Blaske’s zudem sehr gelitten hat, ist das  Gnadengesuch bewilligt worden. Gefängnisdirektor, Geistlicher, Wärter begeben  sich in die Zelle, dem Sträfling seine Entlassung zu verkünden. 
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Vor der Zellenthür. Die Herren treten ein.
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Blaske bei seinen Düten. Direktor verliest die Begnadigung. Stummes Spiel [Mienenspiel] Blaske’s, der anfangs nicht versteht. Geistlicher klärt ihn auf. Allmähliches Erwachen zur Freude, Steigerung bis zum namenlosen Jubel. Die Herren verlassen die Zelle. Wärter bleibt mit Blaske zurück, der ihm um den Hals fällt vor Glück.
3. Bild 
  Wärter führt Blaske  durch Gänge, über Treppen zur Kleiderkammer. 
4. Bild 
  In nummerierten  Gefächern Kleiderbündel. Umkleiden. Ganz altmodischer Anzug. Blaske besieht  voller Freude jedes Stück, streichelt es. Wärter bürstet ihn ab. Gibt einen kleinen  Spiegel her, Blaske findet sich wunderschön. Der Anzug schlottert um ihn. 
5. Bild 
  Weg über Treppen und  Gänge zum Bureau. Vor der Thür nimmt der Wärter Abschied. 
6. Bild 
  Blaske betritt das  Bureau. Sein Verdienst wird ihm ausgezahlt und Abrechnung vorgelegt. Er zählt  mühsam nach. Stolz. Steckt das Geld, Gold und Scheine, in ein gänzlich  zerschlissenes Portemonnaie. Empfängt seine Papiere und Entlassungsschein.  Bedankt sich. Geht. 
7. Bild 
  Geht eilig zum  Ausgang. Hastige Ungeduld. Portier sieht Entlassungsschein nach, öffnet dann  das Thor. Blaske hindurch in großer Eile. 
8. Bild 
  Blaske vor dem  Zuchthaus. Morgenfrühe. Hier noch kein großes Getriebe. Blaske sieht sich nicht  um, eilt immer vorwärts. 
9. Bild 
  Wechselnde Straßen. 
10.  Bild 
  Blaske auf einem  Platz mit Anlagen (Königsplatz). Setzt sich auf eine Bank. Beginnende  Überlegungen. Frau, mit Kind auf dem Schoß, rückt von ihm ab. Beobachtet ihn  von der Seite. Als er sie etwas fragen will, steht sie auf, geht fort. 
[11. Bild fehlt]
12.  Bild 
  Blaske bei einem  Kinderspielplatz, Thiergarten. Kinder spielen an einem Sandhaufen. Er sieht  ihnen zu. Ein Kind fällt hin, er hebt es auf. Kinder kreischen auf, laufen  fort. Ein Schutzmann, der ihn schon auf der Bank beobachtet hat, kommt auf ihn  zu. Da geht er fort. 
13.  Bild 
  Blaske in der  Siegesallee.  Grausen vor den Marmorstatuen. 
14.  Bild 
  Elektrische Bahnen  fahren an ihn vorüber. Er staunt. Man rennt ihn an. Radfahrer kommt über ihn zu  Fall. Mit knapper Noth entgeht er dessen Prügel. Das Fahren von Bahnen und  Wagen und Automobils verwirrt ihn. 
15.  Bild 
  Blaske vorm  Brandenburger Thor. Das erkennt er wieder, traut sich aber nicht über den Platz  zu gehen. Ein Schutzmann will ihn am Arm nehmen, hinüberführen, er reißt sich  erschrocken los. 
16.  Bild 
  Blaske noch immer  vorm Brandenburger Thor. Ratlos. Wohin? Aengstlich. Traut sich endlich an einen  Arbeiter heran, fragt ihn:
17.  Bild 
  Inschrift: 
  „Können Sie mir nicht  sagen, wo der Jerusalemer Kirchhof ist?“ 
18.  Bild 
  Arbeiter geht mit ihm  an die Elektrische. Mehrere Bahnen fahren vorbei, bis die Richtige kommt, in  die der Arbeiter den ängstlichen Blaske schiebt. 
19.  Bild 
  Blaske in der  elektrischen Bahn. Traut sich kaum, sich hinzusetzen. Fällt auf. Eine  mitfahrende Dame zieht mitleidig aus ihrem Täschchen ein Geldstück, will es ihm  reichen. Er sieht sie so wild an, daß sie rasch die Hand zurückzieht. Schaffner  kommt mit den Billets. Blaske zahlt aus seinem Portemonnaie. Erstaunen und  Befremden der Mitfahrenden über so viel Geld. 
 20 Bild 
  Bei jeder Haltestelle  will Blaske heraus. Endlich am Ziel. 
21.  Bild 
  Blaske vorm Eingang  des Jerusalemer Kirchhofs. 
22.  Bild 
  Sein vergebliches  Suchen zwischen den Gräbern. 
23. Bild 
  Blaske fragt einen  Gartengehilfen. Dieser weist ihn ins Bureau. 
24.  Bild 
  Blaske fragt im  Bureau des Kirchhofs. Beamter sieht im Register nach, zuckt die Achseln,  schlägt dieses Buch wieder zu. Langt anderes Buch her. Langes Suchen. Endlich  findet er die Nummer des Grabes. Gibt Blaske Führer mit. 
25.  Bild
  Gang über den  Kirchhof. Führer zeigt auf verfallenen Hügel. Geht dann wieder. 
26.  Bild 
  Blaske am Grabe.  Zieht hastig die Mütze ab. 
27.  Bild 
  Blaske, das wuchernde  Gerank, das die Tafel verdeckt, bei Seite schiebend. 
28.  Bild 
  Die Tafel: 
               Caroline Blaske, Witwe
               geb. 1822
               † 1880
29.  Bild 
  Blaske auf den Knien.  Faltet die Hände in tiefster Ergriffenheit. Fängt dann an, das Grab zu säubern,  über dessen Zustand er den Kopf schüttelt. Küßt dann die Inschrift und geht  zögernd, sich noch mehrmals umsehend.
30.  Bild 
  Blaske wieder im  Bureau . 
  Inschrift: 
  „Ist denn niemand  mehr da, der für das Grab der Witwe Caroline Blaske sorgt?“
31.  Bild 
  Beamter schlägt  wieder nach. Zeigt Blaske die  Adresse im  Buch. 
32.  Bild 
  Blaske läßt sie sich  aufschreiben. 
  Der  Zettel: 
  Minna Rönne, geb.  Blaske. 
  Gr. Haus Winterfeldstraße  38 Hof III Treppen 
33.  Bild
  Blaske dankt. Geht.
34.  Bild 
  Draußen vor dem  Kirchhof. Müde. Schwankt. Kinder, die aus der Schule kommen, lachen ihn aus.  Lehnt sich an eine Ecke. Mitleidiger bleibt bei ihm stehen. Blaske weist ihn  ab. 
35.  Bild 
  Blaske vor einer  Destille. 
36.  Bild 
  Blaske in der  Destille. Sitzt allein bei der Thür. Ein paar Kutscher und Chauffeure essen.  Blaske bestellt sich auch etwas, bringt’s aber nicht herunter. Ein Kutscher reicht  ihm einen Schnaps. Blaske lehnt erst ab, trinkt dann aber doch mit zitternder  Gier. Die Kutscher lachen. Späße über den   Alten. 
37.  Bild 
  Blaske verlässt die  Kutscherkneipe. 
38.  Bild 
  Wieder auf der  Straße-. Hochbahn am Halleschen Thor. Blaske folgt dem Menschenstrom, stolpert  vor Ermüdung. Ein junges Mädchen zeigt Theilnahme für ihn. Er faßt Zutrauen,  fragt sie. 
  Inschrift: 
  „Gute Dame, wie komme  ich nach der Winterfeldstraße?“ 
39.  Bild 
  Das Fräulein zeigt  ihm die Hochbahn. Erklärt ihm die Richtung, in die er zu fahren hat. 
40.  Bild 
  Ein Zug fährt ein,  ein anderer aus. Blaske kann sich nicht entschließen, macht Kehrt. Ist aber so  müde, daß er sich am Trottoirrand niedersetzt. Schutzmann kommt hinzu, hält ihn  für krank, winkt einem Automobil. 
41.  Bild 
  Blaske widersetzt  sich, will nicht hinein. Zuschauer finden sich ein. Blaske schämt sich,  flüchtet in Auto, dem Chauffeur „Eile“ winkend. 
42.  Bild 
  Blaske fährt ab, zum  Amüsement der Zuschauer. 
43.  Bild 
  Nach einer kurzen  Strecke wendet der Chauffeur sich fragend um, wohin er fahren soll. 
44.  Bild 
  Blaske reicht ihm den  Zettel. 
  Der  Zettel:
  Winterfeldstraße 38, Gr.  Haus, Hof III Treppen 
45.  Bild 
  Chauffeur  misstrauisch, macht Gebärde des Bezahlens 
46.  Bild 
  Blaske zeigt ihm sein  Portemonnaie. Chauffeur nickt, fährt los. 
47.  Bild
   Fahrt nach der Winterfeldstraße. 
48.  Bild 
  Ankunft vor Nr. 38.  Blaske steigt aus, zahlt, geht in’s Haus. 
49.  Bild 
  Blaske auf den Treppen.  Hat Herzklopfen. Zögert vor der Thür. 
50.  Bild 
  Wohnungsschild 
  Rönne,  Tischler 
51.  Bild 
  Blaske klopft. Junge  Frau, Kind auf dem Arm, öffnet ihm. Er sagt nichts. Junge Frau wendet sich um  nach der Stube.  Aeltere Frau kommt  hinzu, misstrauisch gegen den Fremden. Blaske wird von Rührung bei ihrem  Anblick ergriffen, senkt den Kopf. Junge Frau holt ein Stück Brot, will es ihm  herausreichen, er weist es zurück. Verbirgt heftig weinend sein Gesicht. Frauen  fangen an, sich zu fürchten, wollen die Thür schließen. Blaske setzt den Fuß  zwischen. 
52.  Bild
  Kampf um die Thür. 
53.  Bild 
  Blaske in der Stube.  Frauen in abwehrender Haltung hinter dem Tisch. 
  Inschrift:
  „Minna, kennst du  mich nicht mehr? Ich bin ja der Friedrich, dein Bruder!“ 
54.  Bild 
  Minna Rönne entsetzt,  weicht zurück. Er hält ihr die Hand hin. Nur zögernd kommt sie näher, schüttelt  abwehrend den Kopf. Sie erkennt ihn nicht. 
55.  Bild 
  Blaske zeigt ihr den  Entlassungsschein. Sie liest, betrachtet Blaske dann noch einmal, zieht ihn  in’s Licht. Schlägt dann, ihn erkennend   die Hände zusammen, hält sich die Schürze vor’s Gesicht. Junge Frau, die  bis dahin beobachtet hat, läuft hinaus. 
56.  Bild 
  Blaske versucht die  Hand der Schwester zu fassen. Sie entzieht sie ihm, weist ihn aber einen Stuhl  an. 
57.  Bild 
  Blaske auf dem Stuhl.  Sehr verlegen. Frau Rönne hantiert im Zimmer, kocht Kaffee, beachtet ihn gar  nicht. Er wird unruhig, scharrt mit den Füßen, hustet. 
58.  Bild 
  Junge Frau mit dem  Kind und Rönne treten ein. (Rönne, der frühere Bräutigam der Schwester). Hinter  ihm der Mann der Tochter. Rönne mit einem gewissen pharisäischen Hochmuth. Blaske  will ihm die Hand reichen, er thut, als ob er sie nicht sieht. Frau Rönne fängt  jetzt an, Blaske Vorwürfe zu machen, beide Männer beteiligen sich daran. 
  Inschrift: „Wir  sind ehrliche Arbeiter, wir wollen mit einem Zuchthäusler nichts zu thun  haben!“ Blaske sinkt immer mehr zusammen, bis er plötzlich aufsteht, sein  Portemonnaie auf den Tisch ausschüttet. („Ich habe auch gearbeitet.“)
59.  Bild
  Familie Rönne,  neugierig das Geld zählend. Sie werden freundlicher. 
60.  Bild 
  Junge Frau bringt  Tassen. Setzen sich an den Tisch, trinken Kaffee. Die Schwester schiebt Blaske  eine Tasse hin. Er trinkt nicht. Starrt vor sich nieder. Das Kind kommt zu  Blaske heran. Er will es auf’s Knie heben, da reißt es die junge Frau zurück.  Blaske zuckt zusammen. Steht schwerfällig auf, wankt zur Thür. 
61.  Bild
  Blaske, die Klinke in  der Hand, sieht sich noch einmal nach ihnen um. Sie rufen ihn nicht zurück. Da  geht er. Sein Geld läßt er liegen. 
62.  Bild 
  Blaske beim  Hinuntersteigen auf den Treppen, hält sich mühsam am Gelände. 
63.  Bild 
  Blaske aus dem Hause  tretend. Sehr traurig. 
64.  Bild 
  Blaske wieder in den  Straßen. Erregt unliebsames Aufsehen. Er ist ohne Kopfbedeckung. Wird für einen  Betrunkenen gehalten, für einen Dieb, für einen Irrsinnigen. Verlacht,  verabscheut, gefürchtet. Seine Aufregung steigert sich. 
65.  Bild 
  Ein  Luftschiff erscheint über den Dächern. Alles  sieht hinauf. Jähe Überraschung für ihn, stürzt vor Schrecken zu Boden. Leute richten  ihn wieder auf. Er aber, durch das Luftschiff, das ihn Entsetzen einflößt, ganz  kopflos geworden, jagt davon, Menge hinter ihm her. 
66.  Bild 
  Blaske auf der Flucht  (Wechselnde Bilder). 
67.  Bild 
  Blaske, seinen Verfolgern  entronnen, wieder vorm Zuchthaus. Begrüßt es wie eine Heimat, wie eine Zuflucht. 
68.  Bild 
  Blaske läutet an. 
69.  Bild 
  Pförtner sieht aus  dem Logenfenster, mustert Blaske erstaunt. Blaske will hinein, Pförtner  bedeutet ihn zu warten. 
70. Bild 
  Direktor und Personal  erscheinen in der geöffneten Thür. Blaske bittet demütig um Einlaß. Direktor verwundert,  schüttelt verneinend [den Kopf]. 
  Inschrift: 
  „Was wollen Sie  wieder hier? Ich habe Sie heute früh entlassen, seien Sie doch froh!“ 
71. Bild 
  Blaske zerreißt den  Entlassungsschein. Weist, von Grausen geschüttelt, zurück auf die Welt, aus der  er kommt, stürzt sich dem Direktor zu Füßen, fleht verzweifelt um  Wiederaufnahme. Direktor bleibt bei seinem Nein! Sein alter Wärter sucht  Blaske, den sie für verrückt halten, zu beruhigen. Blaske klammert sich an ihn,  fleht auch ihn an. Mit Gewalt macht Wärter sich frei, schiebt Blaske zurück.  Die Thür wird geschlossen. 
72.  Bild 
  Blaske allein  draußen. Steht wie betäubt. Schleicht dann fort. 
III. Akt
- Bild
Blaske in Feldern. Läuft. Sieht sich oft scheu um, ob niemand folgt. Wenn Menschen nahen, läuft er schneller. Versteckt sich hinter Buschwerk etc. Ist wie ein gescheuchtes Thier.
2. Bild
  Am See. Angler mit  seinem Geräth kommt vom Wasser her. Blaske verkriecht sich  in’s Schilf. Späht von dort. 
3. Bild
  Blaske aus dem Schilf  an’s Ufer tretend. Entdeckt einen Nachen. 
4. Bild
  Blaske im Nachen.  Versucht vom Land abzukommen. Ungeschickt. Es gelingt ihm endlich. Rudert. 
5. Bild
  Blaske auf dem Wasser.  Beruhigt sich. Entzücken über die Einsamkeit des Wassers. 
6. Bild
  Am Ufer wird der  Nachen gesucht. Blaske der Räuber wird bemerkt. Ein Boot stößt ab, ihn  einzuholen. 
7. Bild
  Die Jagd der beiden  Boote. 
8. Bild
  Blaske kann nicht  mehr rudern. Zu ermattet. Husten peinigt ihn. Der 2. Nachen hat ihn nicht  erreicht. Er streckt sich im Nachen aus. 
9. Bild
  Treiben des Nachens  mit Blaske. Seeufer. 
10.  Bild
  Als er wieder zu den  Rudern greifen will, ist es zu spät. Der Nachen treibt an’s Land. 
11.  Bild
  Leute, die dort baden,  ziehen den Nachen an’s Land. Blaske springt heraus, läuft fort. 
12.  Bild
  Blaske im Wald. Steht  und lauscht. 
13.  Bild
  Eine Landpartie zieht  vorüber. Herren und Damen, Kinder mit Stocklaternen. Alle sehr vergnügt. 
14.  Bild
  Blaske tiefer im  Wald. Endlich ganz einsam. Er fühlt sich jetzt geborgen. Geht umher, umarmt  jeden Baum. Lacht. Weint. Ist entzückt über eine Blume. 
15.  Bild
  Blaske sich Laub  zusammenraffend zum Lager. Alle seine Bewegungen zeigen, daß er zu Tode  erschöpft ist. Kann nicht mehr Laub raffen. Kniet nieder, will Hände falten.  Sinkt um. 
16.  Bild
  Waldesabend!  Dämmerung. Ziehender Mond (Höchste Stimmung zu geben) [unleserliche Zeile]
17.  Bild
  Blaske, vom Mond  beleuchtet, liegt friedlich, Hände gefaltet. 
18.  Bild
  Dunkelheit. Man sieht  die Landpartie von ferne, Stocklaternen brennen. 
19.  Bild
  Die Ausflügler haben  Blaske entdeckt. Umstehen ihn. Arzt unter ihnen, bemüht sich um B, Entdeckung,  daß er tot ist. Männer nehmen den Hut ab. 
20.  Bild
  Wieder wie Bild 17.  Erlösung in der barmherzigen 
  Natur. 
Schluß
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