Der Gast aus der andern Welt
Von Clara Viebig
Filmentwurf [©1920]
Geschrieben ca. 1900-1910
Handschriftliche Veröffentlichung in: Deutsche Dichterhandschriften Clara Viebig.
Herausgegeben von Dr. Hanns Martin Elster, Dresden o. J.
Übertragen in heutiger Schrift von Sophie Lange
Erste und letzte Seite des handschriftlichen Textes
I. Akt
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Das Zuchthaus, kahles Gebäude! Mauern umgeben den Hof. Schildwache geht auf und ab.
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Das Innere des Zuchthauses. Langer Corridor. Zellenthüren rechts und links. Schließer kommt mit Schlüsseln.
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Zellenthür von außen.
Inschrift: Friedrich Blaske, Raubmord, lebenslänglich.
4. Bild
Inneres der Zelle! Blaske, alter Mann, mit stumpf ergebener Miene, sitzt an einem Tischchen, klebt Düten.
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Wärter tritt ein mit Brot und Suppennapf. Spricht zu Blaske. Dieser versteht nicht, legt die Hand hinter’s Ohr. Wärter schreit ihm hinein, es scheint ein Witz zu sein. Er lacht. Blaske nickt nur gleichgültig, fährt mit seiner Arbeit fort. Wärter zuckt die Achseln, tippt auf die Stirn, geht wieder.
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Blaske allein. Arbeitet immerfort, vergißt das Essen. Alle seine Bewegungen müssen etwas Mechanisches, Maschinenmäßiges haben.
Ein Sonnenstrahl fällt durch das oben angebrachte vergitterte Zellenfensterchen auf seine Hände. Blaske zuckt zusammen, läßt die Arbeit fallen, sieht nach dem Licht. Er streckt seine Hände danach, wie um sie zu wärmen. Erwachen von Sehnsucht, Verlangen, Gier nach Sonnenlicht und Freiheit. Blaske klettert auf den Stuhl, auf den Tisch, versucht das Gesicht an’s Zellenfenster zu bringen.
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Die Zelle ist wieder ohne Strahl. Blaske sitzt wieder mit gesenktem Kopf, greift mechanisch nach dem Löffel, schlingt in sich hinein, faßt sich dazwischen an die Brust, hustet. Nimmt dann seine Arbeit auf wie vorher. Eine Glocke ertönt.
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Spaziergang auf dem Hof. Wärter und Schildwache. Sträflinge gehen paarweise im Hintergrund. Im Vordergrund Blaske allein. Mit gesenkter Stirn wie ein Thier im Trott, immer kurze Strecken hin und her. Gefängnisinspektor geht vorüber, Blaske beachtet ihn nicht. Bleibt erst auf Anruf stramm stehen. Inspektor spricht mit ihm, klopft ihm auf die Schulter, Blaske trottet weiter. Inspektor spricht mit Wärter; sie beobachten Blaske, der hustet und Atemnot hat, mit Theilnahme.
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Nacht. Blaske in seiner Zelle auf der Pritsche, Durch die Klappe in der Thür sieht der Wärter, läßt sie dann wieder zufallen. Blaske schläft.
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Blaske schläft noch ruhig, die Hände auf der Brust gefaltet. Dann fängt er an, sich zu werfen, wird unruhig im Schlaf. Angstvoll verzerrtes Gesicht.
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Inschrift: Des Zuchthäuslers Traum
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Kellerwohnung. Sehr ärmlich. Aeltere Frau und junges Mädchen am Waschfaß. Waschen emsig. Scheinen auf jemand zu warten. Blaske als junger Mensch tritt ein. Man merkt seiner Kleidung das Bestreben nach feinerem Auftreten an. Wirft seine Kopfbedeckung hin, steht, die Hände in den Hosentaschen und sieht den Fleißigen verdrossen zu.
Mutter hebt den Kopf nach ihm, fragt ihn etwas, da tritt er in ausbrechender Wut nach einem Schemel. Erschrecken der Frauen. Vergebliche Beschwichtigungsversuche. Er reißt aus der Rocktasche einen Zettel, hält ihnen den vor die Augen.
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Zettel mit Inschrift :
Wegen wiederholten unentschuldigten Ausbleibens von der Arbeit entlassen!
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Die Mutter macht Blaske Vorwürfe. Er wird grob. Er tobt in der Kellerwohnung umher. Nachbarn kommen neugierig herein. Nehmen Partei für und wider. Es wird Schnaps getrunken, Bräutigam der Schwester kommt dazu, das junge Mädchen beklagt sich bei ihm, er macht Blaske Vorwürfe. Streit zwischen Blaske und dem Bräutigam, Blaske wirft ihn zu Boden, stößt Mutter und Schwester, die sich an ihn hängen, unsanft zur Seite, läuft fort.
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Kalter Wintertag. Ecke einer Straße im fast kleinstädtischen Berlin Ende der 70er Jahre. Vermummte Leute gehen vorüber, Herren und Damen in der Tracht der Zeit, und Handwerker, ein Schusterjunge in Pantinen, der ein paar Stiefel über der Achsel trägt. Wo möglich Schneeballwerfen der Kinder. Langsam zockelnde Droschken . Die Hände in den Hosentaschen steht Blaske frierend. Er sieht heruntergekommen aus. Ein Bummler gesellt sich zu ihm. Sie sprechen, Blaske erzählt, daß er kein Geld hat, macht verzweifelte Gebärde. Der andere lacht, nimmt ihn unter den Arm. Sie gehen.
Wandeldekoration
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Alte Berliner Straßen. Blaske und der Freund schlendern Arm in Arm. (Gedacht sind etwa die alten Straßen zwischen Alexanderplatz und Frankfurter Allee.) Verschiedene Schaufenster. An einem Juwelierladen bleiben sie stehen. Der Verführer macht Blaske aufmerksam.
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Das Fenster von außen. Die Auslage eines bescheidenen Goldarbeiters in einer Nebenstraße.
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Das Innere des Ladens. Hinterm Ladentisch junge blonde Verkäuferin, die einem Kunden Verschiedenes vorlegt.
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Blaske noch immer außen am Fenster. Der Kamerad ist fort gegangen. Verkäuferin und der Kunde kommen aus dem Laden auf die Straße. Der Kunde zeigt dem Mädchen etwas in der Auslage. Blaske hat sich zur Seite gedrückt. Beobachtet. Als sie hineingegangen sind, kommt er wieder ans Fenster, stiert hinein.
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Blaske geht weiter. In Gedanken. Er rennt jemand an. Eine Kutsche –Kutscher in Pelzen – überfährt ihn beinah. Kutscher schlägt mit der Peitsche nach ihm, schimpft. Blaske fährt auf.
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Wieder der alte Sträfling auf seiner Pritsche in der Zelle, fährt aus dem Traum auf. Wärter tritt ein, leuchtet ab, geht wieder.
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Blaske kann nicht schlafen. Sitzt aufrecht, stützt den Kopf.
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Hat endlich Schlaf gefunden. Aber unruhig, träumt weiter.
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Das Innere des Juwelierladens. Einige Aehnlichkeiten sind festzustellen, aber das Ganze ist anders als vorher. Ganz phantastisch. Überfluß an Gold, Silber, Perlen, Edelsteinen. Eine märchenhafte Schatzkammer. Im Hintergrund die Verkäuferin als Personifikation des Goldes mit goldenem Mantel, goldenen Haaren, mit goldenen Ketten behängt. Die Finger beladen mit Ringen. Sie steht unbeweglich wie ein Götzenbild.
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Blaske (als junger Mensch) erscheint, geht wie unwiderstehlich angezogen, etwas näher. Er sinkt nieder, anbetend. Starrt sie an, Gier erwacht, springt auf, strebt mit Gewalt zu ihr hin, während hinter ihm die ärmlichen Gestalten von Mutter und Schwester auftauchen, sich bemühen, ihn zurück zu halten. Er reißt sich von ihnen los, stürzt auf die Gestalt des Goldes zu, die Hände gekrümmt, bereit, sie zu packen. Ehe er jedoch die Gestalt erreicht, schließt das Bild.
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Schwurgerichtssaal bei Schluß der Verhandlung. Blaske wird abgeführt. In der Zeugenbank die verzweifelte Mutter, die die Arme nach dem Sohn ausstreckt, und die zusammen gebrochene weinende Schwester, neben dem sie stützenden Bräutigam. Blaske’s letzter Blick trifft Mutter und Schwester.
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Ausgang der Kellerwohnung von Blake’s Mutter. Ein Sarg wird heraus getragen, hinter dem die Schwester mit Bräutigam und Nachbarn folgen. (Beide letzte Bilder ganz schnelle Visionen).
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Das Erwachen
Der alte Blaske fährt auf in seiner Zelle. So entsetzt vom Traum, daß er vom Bett aufspringt, sich in eine Ecke drückt, sich fürchtet, dann gegen die Wand mit dem Kopf rennt, Schreie ausstößt. Der Wärter sieht durch die Klappe. Noch ein zweiter sieht durch. Wärter betritt dann die Zelle, bringt die Morgensuppe. Redet Blaske gut zu, zu essen. Blaske stößt die Suppe zurück. Ringt die Hände. Wärter geht, kommt mit dem Arzt zurück. Diesem gelingt es, Blaske zu beruhigen. Er will aber nicht zugreifen, nimmt seine Arbeit vor. Erst hastige Arbeit, - nur von Husten unterbrochen – allmählich wieder die alte maschinenmäßige Stumpfheit. Wärter und Arzt verlassen ihn.
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Die Zuchthauskapelle. Morgenandacht. Aufmarsch der Sträflinge zum Gottesdienst. Sie stehen in den Bänken und singen aus Gesangbüchern. Charakteristische Typen. Setzen sich. In der vordersten Bank Blaske. Geistlicher liest aus der Bibel vor, hebt sie hoch; zeigt ihnen das offene Buch.
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Seite der Bibel:
Wenn unsere Sünde gleich blutrot ist,
soll sie doch schneeweiß werden. [Jes 1,18]
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Blaske starrt. Große Erschütterung. Springt plötzlich auf, streckt die Arme aus. Alle sehen nach ihm, Wärter zieht ihn nieder, verweist ihn zur Ruhe. Der Geistliche schließt die Bibel, breitet zum Segen die Hände aus. Sträflinge marschieren ab in Reih und Glied, Blaske allein bleibt noch sitzen, das Gesicht auf den Knien. Wärter will ihn aufjagen, ist ärgerlich. Der Geistliche wird aufmerksam. Winkt dem Wärter ab. Blaske steht auf, schleicht langsam den Anderen nach.
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Geistlicher kommt nach durch den langen Corridor, läßt sich vom Wärter Blaske’s Zelle aufschließen.
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Blaske in der Zelle bei seinen Düten. Geistlicher legt ihm die Hand auf die Schulter. Spricht lange zu ihm. Blaske scheint keine Notiz davon zu nehmen, klebt nur weiter, immer hastiger, bis er plötzlich die Arbeit fallen läßt, vor dem Geistlichen niederstürzt. Klagt sich an, hebt dann weinend die gefalteten Hände. Geistlicher nimmt sie tröstend in die seinen. Kniet neben dem Sträfling nieder. Sie beten.
II. Akt
Der Geistliche hat sich für Blaske verwendet, da der Inspektor und die Wärter dem alten Sträfling, der 35 Jahre seiner Strafe bereits abgesessen hat, das beste Führungszeugnis ausstellen, die Gesundheit Blaske’s zudem sehr gelitten hat, ist das Gnadengesuch bewilligt worden. Gefängnisdirektor, Geistlicher, Wärter begeben sich in die Zelle, dem Sträfling seine Entlassung zu verkünden.
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Vor der Zellenthür. Die Herren treten ein.
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Blaske bei seinen Düten. Direktor verliest die Begnadigung. Stummes Spiel [Mienenspiel] Blaske’s, der anfangs nicht versteht. Geistlicher klärt ihn auf. Allmähliches Erwachen zur Freude, Steigerung bis zum namenlosen Jubel. Die Herren verlassen die Zelle. Wärter bleibt mit Blaske zurück, der ihm um den Hals fällt vor Glück.
3. Bild
Wärter führt Blaske durch Gänge, über Treppen zur Kleiderkammer.
4. Bild
In nummerierten Gefächern Kleiderbündel. Umkleiden. Ganz altmodischer Anzug. Blaske besieht voller Freude jedes Stück, streichelt es. Wärter bürstet ihn ab. Gibt einen kleinen Spiegel her, Blaske findet sich wunderschön. Der Anzug schlottert um ihn.
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Weg über Treppen und Gänge zum Bureau. Vor der Thür nimmt der Wärter Abschied.
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Blaske betritt das Bureau. Sein Verdienst wird ihm ausgezahlt und Abrechnung vorgelegt. Er zählt mühsam nach. Stolz. Steckt das Geld, Gold und Scheine, in ein gänzlich zerschlissenes Portemonnaie. Empfängt seine Papiere und Entlassungsschein. Bedankt sich. Geht.
7. Bild
Geht eilig zum Ausgang. Hastige Ungeduld. Portier sieht Entlassungsschein nach, öffnet dann das Thor. Blaske hindurch in großer Eile.
8. Bild
Blaske vor dem Zuchthaus. Morgenfrühe. Hier noch kein großes Getriebe. Blaske sieht sich nicht um, eilt immer vorwärts.
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Wechselnde Straßen.
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Blaske auf einem Platz mit Anlagen (Königsplatz). Setzt sich auf eine Bank. Beginnende Überlegungen. Frau, mit Kind auf dem Schoß, rückt von ihm ab. Beobachtet ihn von der Seite. Als er sie etwas fragen will, steht sie auf, geht fort.
[11. Bild fehlt]
12. Bild
Blaske bei einem Kinderspielplatz, Thiergarten. Kinder spielen an einem Sandhaufen. Er sieht ihnen zu. Ein Kind fällt hin, er hebt es auf. Kinder kreischen auf, laufen fort. Ein Schutzmann, der ihn schon auf der Bank beobachtet hat, kommt auf ihn zu. Da geht er fort.
13. Bild
Blaske in der Siegesallee. Grausen vor den Marmorstatuen.
14. Bild
Elektrische Bahnen fahren an ihn vorüber. Er staunt. Man rennt ihn an. Radfahrer kommt über ihn zu Fall. Mit knapper Noth entgeht er dessen Prügel. Das Fahren von Bahnen und Wagen und Automobils verwirrt ihn.
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Blaske vorm Brandenburger Thor. Das erkennt er wieder, traut sich aber nicht über den Platz zu gehen. Ein Schutzmann will ihn am Arm nehmen, hinüberführen, er reißt sich erschrocken los.
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Blaske noch immer vorm Brandenburger Thor. Ratlos. Wohin? Aengstlich. Traut sich endlich an einen Arbeiter heran, fragt ihn:
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Inschrift:
„Können Sie mir nicht sagen, wo der Jerusalemer Kirchhof ist?“
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Arbeiter geht mit ihm an die Elektrische. Mehrere Bahnen fahren vorbei, bis die Richtige kommt, in die der Arbeiter den ängstlichen Blaske schiebt.
19. Bild
Blaske in der elektrischen Bahn. Traut sich kaum, sich hinzusetzen. Fällt auf. Eine mitfahrende Dame zieht mitleidig aus ihrem Täschchen ein Geldstück, will es ihm reichen. Er sieht sie so wild an, daß sie rasch die Hand zurückzieht. Schaffner kommt mit den Billets. Blaske zahlt aus seinem Portemonnaie. Erstaunen und Befremden der Mitfahrenden über so viel Geld.
20 Bild
Bei jeder Haltestelle will Blaske heraus. Endlich am Ziel.
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Blaske vorm Eingang des Jerusalemer Kirchhofs.
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Sein vergebliches Suchen zwischen den Gräbern.
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Blaske fragt einen Gartengehilfen. Dieser weist ihn ins Bureau.
24. Bild
Blaske fragt im Bureau des Kirchhofs. Beamter sieht im Register nach, zuckt die Achseln, schlägt dieses Buch wieder zu. Langt anderes Buch her. Langes Suchen. Endlich findet er die Nummer des Grabes. Gibt Blaske Führer mit.
25. Bild
Gang über den Kirchhof. Führer zeigt auf verfallenen Hügel. Geht dann wieder.
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Blaske am Grabe. Zieht hastig die Mütze ab.
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Blaske, das wuchernde Gerank, das die Tafel verdeckt, bei Seite schiebend.
28. Bild
Die Tafel:
Caroline Blaske, Witwe
geb. 1822
† 1880
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Blaske auf den Knien. Faltet die Hände in tiefster Ergriffenheit. Fängt dann an, das Grab zu säubern, über dessen Zustand er den Kopf schüttelt. Küßt dann die Inschrift und geht zögernd, sich noch mehrmals umsehend.
30. Bild
Blaske wieder im Bureau .
Inschrift:
„Ist denn niemand mehr da, der für das Grab der Witwe Caroline Blaske sorgt?“
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Beamter schlägt wieder nach. Zeigt Blaske die Adresse im Buch.
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Blaske läßt sie sich aufschreiben.
Der Zettel:
Minna Rönne, geb. Blaske.
Gr. Haus Winterfeldstraße 38 Hof III Treppen
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Blaske dankt. Geht.
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Draußen vor dem Kirchhof. Müde. Schwankt. Kinder, die aus der Schule kommen, lachen ihn aus. Lehnt sich an eine Ecke. Mitleidiger bleibt bei ihm stehen. Blaske weist ihn ab.
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Blaske vor einer Destille.
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Blaske in der Destille. Sitzt allein bei der Thür. Ein paar Kutscher und Chauffeure essen. Blaske bestellt sich auch etwas, bringt’s aber nicht herunter. Ein Kutscher reicht ihm einen Schnaps. Blaske lehnt erst ab, trinkt dann aber doch mit zitternder Gier. Die Kutscher lachen. Späße über den Alten.
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Blaske verlässt die Kutscherkneipe.
38. Bild
Wieder auf der Straße-. Hochbahn am Halleschen Thor. Blaske folgt dem Menschenstrom, stolpert vor Ermüdung. Ein junges Mädchen zeigt Theilnahme für ihn. Er faßt Zutrauen, fragt sie.
Inschrift:
„Gute Dame, wie komme ich nach der Winterfeldstraße?“
39. Bild
Das Fräulein zeigt ihm die Hochbahn. Erklärt ihm die Richtung, in die er zu fahren hat.
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Ein Zug fährt ein, ein anderer aus. Blaske kann sich nicht entschließen, macht Kehrt. Ist aber so müde, daß er sich am Trottoirrand niedersetzt. Schutzmann kommt hinzu, hält ihn für krank, winkt einem Automobil.
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Blaske widersetzt sich, will nicht hinein. Zuschauer finden sich ein. Blaske schämt sich, flüchtet in Auto, dem Chauffeur „Eile“ winkend.
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Blaske fährt ab, zum Amüsement der Zuschauer.
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Nach einer kurzen Strecke wendet der Chauffeur sich fragend um, wohin er fahren soll.
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Blaske reicht ihm den Zettel.
Der Zettel:
Winterfeldstraße 38, Gr. Haus, Hof III Treppen
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Chauffeur misstrauisch, macht Gebärde des Bezahlens
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Blaske zeigt ihm sein Portemonnaie. Chauffeur nickt, fährt los.
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Fahrt nach der Winterfeldstraße.
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Ankunft vor Nr. 38. Blaske steigt aus, zahlt, geht in’s Haus.
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Blaske auf den Treppen. Hat Herzklopfen. Zögert vor der Thür.
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Wohnungsschild
Rönne, Tischler
51. Bild
Blaske klopft. Junge Frau, Kind auf dem Arm, öffnet ihm. Er sagt nichts. Junge Frau wendet sich um nach der Stube. Aeltere Frau kommt hinzu, misstrauisch gegen den Fremden. Blaske wird von Rührung bei ihrem Anblick ergriffen, senkt den Kopf. Junge Frau holt ein Stück Brot, will es ihm herausreichen, er weist es zurück. Verbirgt heftig weinend sein Gesicht. Frauen fangen an, sich zu fürchten, wollen die Thür schließen. Blaske setzt den Fuß zwischen.
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Kampf um die Thür.
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Blaske in der Stube. Frauen in abwehrender Haltung hinter dem Tisch.
Inschrift:
„Minna, kennst du mich nicht mehr? Ich bin ja der Friedrich, dein Bruder!“
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Minna Rönne entsetzt, weicht zurück. Er hält ihr die Hand hin. Nur zögernd kommt sie näher, schüttelt abwehrend den Kopf. Sie erkennt ihn nicht.
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Blaske zeigt ihr den Entlassungsschein. Sie liest, betrachtet Blaske dann noch einmal, zieht ihn in’s Licht. Schlägt dann, ihn erkennend die Hände zusammen, hält sich die Schürze vor’s Gesicht. Junge Frau, die bis dahin beobachtet hat, läuft hinaus.
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Blaske versucht die Hand der Schwester zu fassen. Sie entzieht sie ihm, weist ihn aber einen Stuhl an.
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Blaske auf dem Stuhl. Sehr verlegen. Frau Rönne hantiert im Zimmer, kocht Kaffee, beachtet ihn gar nicht. Er wird unruhig, scharrt mit den Füßen, hustet.
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Junge Frau mit dem Kind und Rönne treten ein. (Rönne, der frühere Bräutigam der Schwester). Hinter ihm der Mann der Tochter. Rönne mit einem gewissen pharisäischen Hochmuth. Blaske will ihm die Hand reichen, er thut, als ob er sie nicht sieht. Frau Rönne fängt jetzt an, Blaske Vorwürfe zu machen, beide Männer beteiligen sich daran.
Inschrift: „Wir sind ehrliche Arbeiter, wir wollen mit einem Zuchthäusler nichts zu thun haben!“ Blaske sinkt immer mehr zusammen, bis er plötzlich aufsteht, sein Portemonnaie auf den Tisch ausschüttet. („Ich habe auch gearbeitet.“)
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Familie Rönne, neugierig das Geld zählend. Sie werden freundlicher.
60. Bild
Junge Frau bringt Tassen. Setzen sich an den Tisch, trinken Kaffee. Die Schwester schiebt Blaske eine Tasse hin. Er trinkt nicht. Starrt vor sich nieder. Das Kind kommt zu Blaske heran. Er will es auf’s Knie heben, da reißt es die junge Frau zurück. Blaske zuckt zusammen. Steht schwerfällig auf, wankt zur Thür.
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Blaske, die Klinke in der Hand, sieht sich noch einmal nach ihnen um. Sie rufen ihn nicht zurück. Da geht er. Sein Geld läßt er liegen.
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Blaske beim Hinuntersteigen auf den Treppen, hält sich mühsam am Gelände.
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Blaske aus dem Hause tretend. Sehr traurig.
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Blaske wieder in den Straßen. Erregt unliebsames Aufsehen. Er ist ohne Kopfbedeckung. Wird für einen Betrunkenen gehalten, für einen Dieb, für einen Irrsinnigen. Verlacht, verabscheut, gefürchtet. Seine Aufregung steigert sich.
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Ein Luftschiff erscheint über den Dächern. Alles sieht hinauf. Jähe Überraschung für ihn, stürzt vor Schrecken zu Boden. Leute richten ihn wieder auf. Er aber, durch das Luftschiff, das ihn Entsetzen einflößt, ganz kopflos geworden, jagt davon, Menge hinter ihm her.
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Blaske auf der Flucht (Wechselnde Bilder).
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Blaske, seinen Verfolgern entronnen, wieder vorm Zuchthaus. Begrüßt es wie eine Heimat, wie eine Zuflucht.
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Blaske läutet an.
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Pförtner sieht aus dem Logenfenster, mustert Blaske erstaunt. Blaske will hinein, Pförtner bedeutet ihn zu warten.
70. Bild
Direktor und Personal erscheinen in der geöffneten Thür. Blaske bittet demütig um Einlaß. Direktor verwundert, schüttelt verneinend [den Kopf].
Inschrift:
„Was wollen Sie wieder hier? Ich habe Sie heute früh entlassen, seien Sie doch froh!“
71. Bild
Blaske zerreißt den Entlassungsschein. Weist, von Grausen geschüttelt, zurück auf die Welt, aus der er kommt, stürzt sich dem Direktor zu Füßen, fleht verzweifelt um Wiederaufnahme. Direktor bleibt bei seinem Nein! Sein alter Wärter sucht Blaske, den sie für verrückt halten, zu beruhigen. Blaske klammert sich an ihn, fleht auch ihn an. Mit Gewalt macht Wärter sich frei, schiebt Blaske zurück. Die Thür wird geschlossen.
72. Bild
Blaske allein draußen. Steht wie betäubt. Schleicht dann fort.
III. Akt
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Blaske in Feldern. Läuft. Sieht sich oft scheu um, ob niemand folgt. Wenn Menschen nahen, läuft er schneller. Versteckt sich hinter Buschwerk etc. Ist wie ein gescheuchtes Thier.
2. Bild
Am See. Angler mit seinem Geräth kommt vom Wasser her. Blaske verkriecht sich in’s Schilf. Späht von dort.
3. Bild
Blaske aus dem Schilf an’s Ufer tretend. Entdeckt einen Nachen.
4. Bild
Blaske im Nachen. Versucht vom Land abzukommen. Ungeschickt. Es gelingt ihm endlich. Rudert.
5. Bild
Blaske auf dem Wasser. Beruhigt sich. Entzücken über die Einsamkeit des Wassers.
6. Bild
Am Ufer wird der Nachen gesucht. Blaske der Räuber wird bemerkt. Ein Boot stößt ab, ihn einzuholen.
7. Bild
Die Jagd der beiden Boote.
8. Bild
Blaske kann nicht mehr rudern. Zu ermattet. Husten peinigt ihn. Der 2. Nachen hat ihn nicht erreicht. Er streckt sich im Nachen aus.
9. Bild
Treiben des Nachens mit Blaske. Seeufer.
10. Bild
Als er wieder zu den Rudern greifen will, ist es zu spät. Der Nachen treibt an’s Land.
11. Bild
Leute, die dort baden, ziehen den Nachen an’s Land. Blaske springt heraus, läuft fort.
12. Bild
Blaske im Wald. Steht und lauscht.
13. Bild
Eine Landpartie zieht vorüber. Herren und Damen, Kinder mit Stocklaternen. Alle sehr vergnügt.
14. Bild
Blaske tiefer im Wald. Endlich ganz einsam. Er fühlt sich jetzt geborgen. Geht umher, umarmt jeden Baum. Lacht. Weint. Ist entzückt über eine Blume.
15. Bild
Blaske sich Laub zusammenraffend zum Lager. Alle seine Bewegungen zeigen, daß er zu Tode erschöpft ist. Kann nicht mehr Laub raffen. Kniet nieder, will Hände falten. Sinkt um.
16. Bild
Waldesabend! Dämmerung. Ziehender Mond (Höchste Stimmung zu geben) [unleserliche Zeile]
17. Bild
Blaske, vom Mond beleuchtet, liegt friedlich, Hände gefaltet.
18. Bild
Dunkelheit. Man sieht die Landpartie von ferne, Stocklaternen brennen.
19. Bild
Die Ausflügler haben Blaske entdeckt. Umstehen ihn. Arzt unter ihnen, bemüht sich um B, Entdeckung, daß er tot ist. Männer nehmen den Hut ab.
20. Bild
Wieder wie Bild 17. Erlösung in der barmherzigen
Natur.
Schluß
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