Medusa als Abwehrzauber


von Sophie Lange

Die Eckbekrönungen an der Brunnenstube des Römerkanals zwischen Nettersheim und Urft in der Eifel sind mit zwei Medusenhäuptern gekrönt, die die römische Wasserleitung nach Köln vor Unheil bewahren sollten.

Medusa (Herrscherin) stammt aus der griechischen Sagenwelt und war eine der drei Gorgonenschwestern. Nur sie allein war sterblich. Die "Ungeheuer" werden wie folgt beschrieben: "Ihre Häupter waren mit Drachenschuppen übersät und mit Schlangen statt Haaren bedeckt; sie besaßen mächtige Hauer wie Wildschweine, eherne Hände und goldene Flügel."

Wenn wir uns dieses Wesen vorstellen, merken wir sehr bald, dass hier etwas nicht stimmt. Drachenschuppen, Fangzähne und dann goldene Flügel? Das passt nicht zusammen.

Medusakopf an der Brunnenstube des Römerkanals

In der Sage heißt es weiter: "Wer sie ansah, wurde durch ihren Blick in Stein verwandelt." Hierzu ist anzumerken, dass in der griechischen Mythologie nur bei der Sage von Perseus von dieser Versteinerung zu lesen ist. Es wird auch nicht bestätigt, dass diese Versteinerung wirklich erfolgen kann. Nur eines wird ersichtlich: Perseus hat höllische Furcht vor Medusas durchdringendem Blick. In der Sage von Perseus heißt es: "Mit abgewandtem Gesicht stellte er sich vor die Schlafenden und fing mit seinem ehernen, glänzenden Schilde ihr dreifaches Bild auf. So fand er die Gorge Medusa heraus. Athene führte ihm die Hand, als er entschlossen dem schlafenden Ungeheuer das furchtbare Haupt vom Rumpf trennte. Ein Blutstrahl fuhr zischend in die Höhe, und aus dem Rumpfe entsprang ein geflügeltes Ross; es war Pegasos" (das geflügelte Dichterross). Die "Enthauptung" fand mit einer goldenen Sichel statt, die wir auch von den Kelten kennen, die damit zeremoniell die Mistelzweige abschnitten. Das erbeutete Haupt erhielt die Göttin Athene, die es von nun an als Schutzschild gegen Dämonen trug.

Es wird angezweifelt, ob es sich wirklich bei dem Blutstreich um den Kopf Medusas handelte oder ob ihre Kultmaske gemeint ist. Nur wenn sie dieses dämonische Zweitgesicht trug, konnte sie Menschen in ihren Bann ziehen. Nur dann besaß sie den bösen Blick. So zeigte sie Perseus nicht ihr wahres Gesicht, sondern ihr "Zwischengesicht", nämlich ihre Kultmaske.

Wer war Medusa wirklich? Die Gorgonen, zu denen Medusa gehörte, entstammten einem libyschen Amazonenvolk, denen man einen ausgeprägten Schlangenkult nachsagt. Medusa wäre damit die Schlangengöttin der libyschen Amazonen und versinnbildlichte die weibliche Weisheit. So ist es kein Wunder, dass Medusa mit Schlangenhaaren dargestellt ist.

Die mythologischen Eltern der Medusa sind Keto und Phorky, die Meerbewohner waren. Die zwei Schwestern von Medusa hießen Stheno, die Starke, und Euryale, die Weitreichende. Gemeinsam mit der Herrscherin Medusa waren sie die Beschützerinnen der Wasser der Erde.

Medusa sollte durch ihr schreckliches Aussehen die bösen Dämonen von Quellen und anderen wichtigen Orten fernhalten. Sie ist als Abwehrmittel nicht nur an Brunnen, sondern auch in alten Kirchen zu finden. In Nettersheim beschützt sie die Quellfassung der römischen Wasserleitung nach Köln und hält seit Römerzeiten alles Böse fern. Zu Stein erstarrt ist jedoch noch kein Betrachter.

Quellenangaben:

Richard Carstensen: Griechische Sagen. Reutlingen 1959
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin 1927/1987
www.mystikwelten.de/n_medusa.html
www.netzstilus.at/media/medusa.html
www.sungaya.de/schwarz/griechen/medusa.htm