Der Duft der Äpfel

3 Matronen, 3 Äpfel, 3 Generationen (Margit, Nora, Sophie) Foto: F.-J. Kochs

Von Sophie Lange

Wenn ich im Supermarkt Äpfel kaufe, staune ich stets, wie glänzend rot diese sind. Wie poliert, wie frisch gebohnert. Diese Rotbäckchen haben nicht das kleinste Fleckchen. Sie sind makellos! Und doch fehlt dem Prachtexemplar etwas.
Ich denke zurück an meine Kindheit. Im Spätsommer und im Herbst mussten wir Kinder schon in aller Herrgottsfrühe in der Hauswiese die über Nacht von den Bäumen gefallenen Äpfel auflesen. Es war kalt am frühen Morgen, doch es war auch traumhaft schön durch den Morgentau zu stiefeln, das Fallobst aus dem nassen Gras zu klauben und in einen Korb zu füllen. Die Äpfel waren klein, blass und mit dunklen Punkten bedeckt. Einige waren wurmstichig. Diese ließen wir liegen für die Kühe, die nach dem Melken aus dem Stall in die Wiese getrieben wurden. Die ganz faulen Äpfel vermoderten mit der Zeit.

Die Äpfel waren nass und kalt von der Kühle der Nacht, und manchmal klebten zarte Grashalme daran. Das Besondere an den Äpfeln aber war ihr Duft. Sie dufteten nach Natur, nach Nacht, nach Morgen, nach Tau, nach Frische, nach Apfel. Die roten Supermarktäpfel riechen nach gar nichts.

Wenn wir mittags nach Hause kamen, rochen wir gleich, dass die Mutter von den Äpfeln Kompott gekocht hatte. Ein unvergleichlicher Duft! Besonders freute ich mich, wenn es Himmel und Erde gab, ein Gericht mit Kartoffeln aus der Erde und Äpfeln von den Bäumen, die in den Himmel ragen. Himmel und Erde in einem Topf vereint! Etwas Größeres kann es doch gar nicht geben. So eine Speise muss man andächtig essen.
Ich nehme einen Apfel, reibe ihn am Ärmel blank, schnuppere daran. Ein bisschen riecht er nach Erinnerung.


Übrigens: Das Gericht "Himmel und Erde" ist ganz einfach zu kochen.

Rezept

Himmel und Erde

Zutaten
: 1 kg mehlige Kartoffeln,
1 Teel. Salz,
1 kg säuerliche Äpfel,
2 Eßl. Zucker,
125 g Räucherspeck,
2 Zwiebeln,
500 g Hausmacher Blutwurst
Mehl

Die geschälten Kartoffeln in Salzwasser garkochen, abgießen und sofort zerstampfen. Äpfel schälen, vom Kerngehäuse befreien, in Vierteln schneiden und mit ganz wenig Wasser und dem Zucker musig verkochen. Den klein geschnittenen Speck auslassen, die Zwiebelringe hinzugeben und hellgelb braten. Den Kartoffelbrei mit dem Apfelmus vermischen und mit dem Schneebesen sehr sahnig schlagen, evtl. mit etwas Butter, Milch oder Sahne abschmecken. Speck-Zwiebel-Gemisch unterheben. Die Blutwurstscheiben in Mehl wenden und in dem Speck-Zwiebel-Bratfett pro Seite 2 Minuten braten und auf den Eintopf geben.

Wer keine Blutwurst mag, kann dazu ein Spiegelei essen – oder Würstchen - oder Frikadellchen - oder – oder....