Geleitwort zu Hinterm Pflug zur Kriegszeit
Wieder naht die Zeit heran, in der die Landwirtschaft, der die zu den Fahnen eingezogenen Väter , Söhne und Brüder mit ihren starken und fleißigen Händen fehlen, dringend der Hilfe bedarf, wenn anders es gelingen soll, dass auch in diesem Jahre kein Fleckchen Ackerland unbestellt bleibt.
Und der Ruf nach werktätiger Hilfe schallt hinaus in das weite Land und darüber hinaus auch in die Stadt hinein.
Die von der Militärbehörde der Landwirtschaft zur Verfügung gestellten Gefangenen werden selbst in Gemeinschaft mit dem in Aussicht genommenen zahlreichen Beurlaubungen von Soldaten der Ersatztruppenteile, Landsturmbataillone, Genesungskompagnien, Lazarette usw. nicht genügen, die klaffenden Lücken auf dem Lande zu füllen.
Mehr Hände müssen zur Hilfe sich regen.
Daher ergeht auch an unsere weibliche Jugend in den Städten der Ruf um Hilfe. Allerdings für unsere jungen Mädchen aus der Stadt ist es keine leichte und einfache Aufgabe, vor die sie da gestellt werden. Einmal müssen sie manche Scheu, manche Zimperlichkeit, mancherlei Vorurteile gegenüber ländlichen und landwirtschaftlichen Bräuchen, Lebensgewohnheiten und Verhältnisse ablegen, andererseits müssen sie sich erfüllen lassen von dem ganzen heiligen Ernst der zu übernehmenden Aufgabe. Jedes junge Stadtkind, das sich entschließt, Helferin zu werden in der Notlage, in der sich unsere Landwirtschaft infolge des Mangels an Arbeitskräften zurzeit befindet, muss sich darüber von vornherein klar sein, dass es sich um einen Dienst fürs Vaterland handelt, der einmal übernommen auch durchgehalten werden muss, zur eigenen Ehre und zum Wohle des Ganzen. Und mit dem Einleben in die Arbeit, mit der allmählichen Erkenntnis ihrer wirklichen Nützlichkeit, da zieht dann auch ganz von selbst die Freude am Landleben, an der Natur und ihrem stillen Zauber ein in das junge Herz.
Als arbeitswillige Helferin zog das verwöhnte Stadtkind hinaus aufs Land, körperlich gesundet, geistig erfrischt an Gottes ewigem Jungbrunnen kehrt es heim im stolzen Bewusstsein, auch seinerseits dem Vaterland in ernster Zeit geholfen zu haben.
Manche haben’s versucht, viele sind ob all der großen Mühen und Entsagungen auf halbem Wege umgekehrt, nur wenige haben wacker ganz durchgehalten und das selbst gesteckte Ziel erreicht.
Eine dieser wenigen, die Tochter einer angesehenen städtischen Familie, deren Mutter eine treue Stütze unseres Vereins ist, hat dem Vereine ihre Aufzeichnungen über ihre fast ein ganzes Jahr hindurch in seltener Treue geleistete Hilfsarbeit auf dem Lande zur Verfügung gestellt.
Wir veröffentlichen dieselben mit dem herzlichen Wunsche, dass das Beispiel dieses wackeren deutschen Mädchens, das keine Mühe, keine Arbeit gescheut hat, zahlreichen anderen zum Ansporn dienen wird, ihr’s gleich zu tun. Zum Schlittschuhlaufen, Rodeln, Tennisspielen ist jetzt keine Zeit, wenn das Vaterland um sein Dasein kämpft.
Drum, ihr jungen Mädchen aus der Stadt, hinaus aufs Land; da fehlt’s an Hilfe, fehlt’s an Händen. Hinaus, was kräftig und gesund dazu ist, sich sittlich stark genug dazu fühlt, hinaus, was von dem heiligen Entschluss erfüllt ist: Auszuhalten und durchzuhalten fürs Vaterland, bis wieder die Ernte unter Gottes Segen geborgen ist.
Trier, im Februar 1916.
Der Vaterländische Frauenverein
für Trier = Stadt und = Land